Bei der US-Präsidentschaftwahl geht nichts ohne Religion

Wahlkampf mit Gott und Gebeten

Veröffentlicht am 29.01.2016 um 00:01 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 
USA

Sioux City ‐ "Ich liebe Evangelikale", schmeichelt Donald Trump dem Publikum. Die Bewerber um das Präsidentenamt der USA zeigen sich im Wahlkampf in Iowa von ihrer frommen Seite. Vor allem die Evangelikalen sprechen bei den ersten Vorwahlen am Montag ein Wort mit.

  • Teilen:

Jeffress verkauft den Milliardär mit der blonden Tolle wie den Erlöser einer Nation, die auf dessen Kommen gewartet hat. Das Gebet zu Beginn der Wahlkampf-Kundgebungen gehört erst seit kurzem zu Trumps Repertoire. Eine wohlkalkulierte Aktion in einem Bundesstaat, in dem die Vorwahlen bei den Republikanern von den Evangelikalen entschieden werden. Die machen hier im Mittleren Westen rund 60 Prozent der republikanischen Wählerschaft aus und spielen auch in den Südstaaten eine Schlüsselrolle.

"Ich liebe Evangelikale", schmeichelt der Presbyterianer Trump dem Publikum. Dass er am Dienstag die Unterstützung des Präsidenten der Liberty-Universität, Jerry Falwell Junior, erhielt, verkauft Trump der christlichen Rechten wie ein Gütesiegel. Politisch ist der Ritterschlag durch den Anführer der größten Kaderschmiede der Evangelikalen in den USA gewiss nicht zu unterschätzen.

Trump outete sich als wenig bibelfest

Die Rechnung scheint aufzugehen: Obwohl in einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew die Mehrheit der US-Konservativen Trump für "nicht besonders" oder "gar nicht religiös" hält, zog er mit dem texanischen Senator Ted Cruz in der Gunst der Evangelikalen gleich. Im Unterschied zu Trump, der sich mit einer falschen Zitierweise eines neutestamentlichen Briefs als wenig bibelfest outete, hat der Sohn eines Predigers deutlich mehr Stallgeruch.

Der Milliardär Donald Trump möchte als Kandidat der Republikaner zur Wahl des US-Präsidenten antreten.
Bild: ©picture alliance / ZUMAPRESS.com

Der Milliardär Donald Trump möchte als Kandidat der Republikaner zur Wahl des US-Präsidenten antreten.

In Waterloo sprach er mehreren hundert Evangelikalen aus der Seele, als er sich dort als ihr Sprachrohr präsentierte. Verteidigung der traditionellen Familie und Religionsfreiheit, Kampf gegen Abtreibung und Obamas Gesundheitsreform, Einsatz für das Recht auf Waffen, keine Amnestie für illegale Einwanderer und ein harter Kurs gegen Iran und den "Islamischen Staat". Der TV-Promi Glenn Beck kam, um die Fundamentalisten-Basis in dem Duell um die Präsidentschaftsnominierung vor Trump zu warnen. Beck stellte den forschen New Yorker als falschen Propheten dar: "Seine Hybris ist unglaublich."

Dabei ringt Cruz selbst mit Glaubwürdigkeitsproblemen. Seit herauskam, dass er einem finanzkräftigen Geldgeber zugesichert hatte, nicht an der gleichgeschlechtlichen Ehe rütteln zu wollen, sieht er sich dem Vorwurf der Scheinheiligkeit ausgesetzt. "Er hat zu viele Feinde", sagt Religionsexperte Mark Silk vom Trinity College in Hartford.

Katholischer Bewerber Marco Rubio gegen Planned Parenthood

John Bowers neigt deshalb eher zum katholischen Bewerber Marco Rubio, dessen Rede in Cedar Rapids ihn begeisterte. "Er inspiriert", findet der Kinderarzt, der Zweifel an der Wählbarkeit von Cruz hat. Bei Trump stört ihn dessen Ankündigung, elf Millionen Einwanderer ohne Papiere abschieben zu lassen. "Das ist unamerikanisch." Rubio sei moderater im Ton, "aber auch sehr konservativ". In der Tat verspricht Rubio, der umstrittenen Gesundheitsorganisation Planned Parenthood die Mittel zu streichen, Bäcker und Floristen zu erlauben, Dienstleistungen bei gleichgeschlechtlichen Eheschließungen zu verweigern, und Abtreibungen weitgehend zu verbieten. "Mein Glaube ist der größte Einfluss in meinem Leben", so der republikanische Politiker.

Das sagt auch die Demokratin Hillary Clinton, obwohl laut Pew-Umfrage 43 Prozent der Wähler sie für "nicht religiös" halten. Im Unterschied zu den Republikanern spielen die Evangelikalen bei den US-Linken keine Rolle. Während eines Bürgertreffens mit Wählern in Pella gab die Präsidentschaft-Bewerberin eine sehr persönliche Antwort auf die Frage einer katholischen Lehrerin nach ihrem Glauben: "Ich bin Christin. Ich bin Methodistin", setzte Clinton an und führte aus, wie wichtig für sie das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe sei. Gelebter Glaube sei Einsatz für andere, nicht deren Verurteilung. Das könnte ebenso der nicht praktizierende Jude Bernie Sanders sagen. Der demokratische Senator ist ein großer Fan des Papstes. Diesen zitiert Sanders öfter als all seine Konkurrenten.

Von Thomas Spang (KNA)