ARD-Journalist Schreiber zur neuen TV-Reihe "Der Moscheereport"

Warnung vor dem Leben in Deutschland

Veröffentlicht am 26.03.2017 um 15:48 Uhr – Lesedauer: 
Islam

Hamburg ‐ Was wird in deutschen Moscheen gepredigt? Das fragen sich viele Bürger. Ein Journalist hat in verschiedenen muslimischen Gotteshäusern den Predigten zugehört. Im Interview redet er über seine Erfahrungen.

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Für eine neue TV-Reihe des Senders tagesschau24 hat der ARD-Journalist Constantin Schreiber einige Moscheen in Deutschland besucht. Der 39-Jährige, der fließend Arabisch spricht, übersetzt die Freitagspredigten der Imame, spricht mit ihnen über ihre Äußerungen und diskutiert anschließend mit Islamexperten im Studio darüber. Vor der ersten Ausstrahlung am Montag um 21.15 Uhr sprach Schreiber im Interview über die Dreharbeiten und besondere Ereignisse in den Gotteshäusern der Muslime in Deutschland.

Frage: Herr Schreiber, wie sind Sie auf die Idee zu ihrer neuen Sendereihe "Der Moscheereport" gekommen?

Schreiber: Ausgangspunkt dafür war mein Buchprojekt "Inside Islam". Darin habe ich untersucht, was in deutschen Moscheen gepredigt wird. Das fand ich so spannend, dass ich mich daran gemacht habe, so etwas in einem Fernsehformat umzusetzen. Es ist ja schließlich ein relevantes Thema. Wir alle hören und lesen häufig über Moscheen in den Medien. Nicht zuletzt im Rahmen der Diskussion über Radikalisierung von Muslimen sind die Gebetshäuser ein Thema. Aber was wird eigentlich in einer "normalen" deutschen Moschee gepredigt? Das weiß fast niemand.

Frage: Sie sind mit einem Kamerateam in die Moscheen gegangen. War das ein Problem?

Schreiber: Fast gar nicht. Das hat mich überrascht. Ich hatte geglaubt, viel mehr herumtelefonieren zu müssen, um eine Erlaubnis zu erhalten. Aber dem war nicht so. Und auch die Dreharbeiten waren völlig unkompliziert. Ich habe mich gewundert, wie nah wir auch den Gläubigen mit der Kamera kommen konnten, ohne dass sich jemand beschwert hat. Schließlich ist der Besuch eines Gebetshauses ja etwas sehr Intimes.

Bild: ©semultura/Fotolia.com

Die Sehitlik-Moschee wurde 2005 auf dem historischen Türkischen Friedhof in Berlin errichtet. Sie gehört zur Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und ist die zweitgrößte Moschee Deutschlands mit 1.500 Plätzen.

Frage: Sie haben keine Absagen bekommen?

Schreiber: Doch, natürlich auch. Aber da darf man den Verantwortlichen in den Moscheen nicht Unrecht tun. Absagen erhalten Sie als Journalist auch von Politikern und Unternehmen.

Frage: Sie schreiben auf Ihrer Facebook-Seite, dass manches, was in den Predigten gesagt wird, Sie schockiert hat. Was war das?

Schreiber: Das war vor allem die permanente Warnung vor dem Leben in Deutschland. Die zog sich wie ein roter Faden durch die Imam-Predigten. Manchmal wird diese Warnung direkt, manchmal subtil vorgebracht. Aber der Grundtenor ist derselbe: Nicht das Jobcenter gibt Arbeit, sondern Allah gibt Arbeit. Oder: Du sollst Dich nicht befreunden mit Nicht-Muslimen. Zum Teil wird es auch radikaler, etwa: Du kannst nicht Demokrat und ein guter Schiit sein. Und es gibt teils offenen Hetze, so zum Beispiel gegen Jesiden, die als Symbol des Bösen betrachtet werden.

Frage: Wie offen waren Ihre Gesprächspartner?

Schreiber: Manche waren sehr offen. Erstmal waren sie überrascht, dass da ein Journalist kommt, sich in die Moschee setzt, zuhört und anschließend darüber reden will. Für mein Buch habe ich mit fünf Imamen gesprochen. Die waren sehr offen - auch in kritischen Dingen wie etwa antisemitischen Äußerungen. Einer sagte mir ganz klar, er wolle die islamische Ideologie promoten. Ihm ging es nicht in erster Linie um den Glauben, sondern um das Weltbild. Ein anderer dagegen sagte zu mir, Moscheen seien Orte der Integration, und auch er wolle sich integrieren in die deutsche Gesellschaft. Wie lange er in Deutschland lebt, habe ich ihn gefragt. Er sagte elf Jahre. Ob er Deutsch spreche: Nein.

Linktipp: Ein Raum für Begegnung

TOM - der "Tag der Offenen Moschee" - wird in Deutschland bereits seit 20 Jahren begangen. Die Resonanz ist da - doch das Misstrauen gegen Moscheebauten ebenfalls. (Artikel vom Oktober 2016)

Frage: Gibt es deutsche Fassungen der Predigten in den Moscheen?

Schreiber: In manchen wird ausschließlich auf Arabisch gepredigt. Manchmal gibt es eine Zusammenfassung auf Deutsch. Die war in den Moscheen, die ich besucht habe, aber sehr rudimentär und lückenhaft. Einmal habe ich Simultanübersetzungen ins Deutsche erlebt. Aber da kann ich nicht sagen, ob die korrekt waren, weil ich mich auf das Arabisch konzentriert habe. Ich will ja das Original hören.

Frage: In Ihrer Sendung sprechen Sie im Anschluss an den Reportageteil aus der Moschee noch mit Islamwissenschaftlern. Worum geht es dabei?

Schreiber: Vor allem darum, wie das Gesagte in der Moschee bei den Gläubigen ankommt. Die Predigten werden ja teils in sehr bildhafter Sprache gehalten. Begriffe wie Gerechtigkeit stehen dabei im Raum, werden aber nicht ausdefiniert. Nun verbindet aber vielleicht ein Syrer etwas anderes damit als ein Deutscher. Über solche möglichen Assoziationen spreche ich mit den Experten. Aber auch über ganz konkrete theologische Fragen, bei denen es auch um die Geschichte des Islam geht.

Frage: Sind Moscheen in Deutschland gefährliche Orte?

Schreiber: In den Moscheen, in denen ich war, gab es keine Aufrufe zu Gewalt. Aber für nicht ganz ungefährlich halte ich es dennoch, wenn an solch zentralen Orten des Islam in Deutschland immer ein Auseinanderdefinieren von Christen und Muslimen gepredigt wird. Das kann für eine Gesellschaft nicht gut sein.

Von Johannes Schönwälder (KNA)