Warum alle Bischöfe auf diesen Neu-Kardinal losgehen
In der katholischen Kirche in Bolivien droht interner Krach. Die Bolivianische Bischofskonferenz veröffentlichte am Donnerstag (Ortszeit) eine Stellungnahme, in der sie betont, dass Neu-Kardinal Toribio Ticona Porco (81), dessen Ernennung Papst Franziskus jüngst angekündigt hatte, nicht ihre offizielle Stimme sei.
"Die Bolivianische Bischofskonferenz und ihre gewählten Autoritäten wie der Vorsitzende, der Vizevorsitzende, der Generalsekretär und der Ständige Rat sind die offizielle Stimme der katholischen Kirche in Bolivien", heißt es in dem Schreiben, aus dem die Zeitung "Pagina Siete" zitiert. Der Kardinal sei als emeritierter Bischof Mitglied der Bischofskonferenz und habe dort einen entsprechenden Status.
Eigene Familie mit Frau und Kindern?
Der Neu-Kardinal selbst sagte der Zeitung "El Deber" in einer ersten Reaktion, eine Person habe ihm gesagt, seine Position werde aufgrund seiner kleinbäuerlichen indigenen Herkunft nicht akzeptiert - dem schenke er jedoch keinen Glauben. Ein indirekter Rassismusvorwurf gegen seine Amtsbrüder, über den die bolivianischen Medien am Donnerstag ausführlich berichteten.
Bereits in den vergangenen Wochen hatte es Aufregung um den Neu-Kardinal gegeben. Medien berichteten, er habe eine eigene Familie mit Frau und Kindern - Ticona Porco wies dies jedoch zurück. Es handle sich um eine "falsche Beschuldigung", er sei bereit, seine Ehre in allen notwendigen Instanzen zu verteidigen.
Im Laufe des Donnerstags schaltete sich auch Boliviens Präsident Evo Morales, der zu diesem Zeitpunkt in Russland bei der Eröffnung der Fußball-WM weilte, in den neuerlichen Streit ein. "Meinen Respekt, Zuneigung und Bewunderung für meinen Bruder Toribio Ticona, Kardinal von Bolivien. Kraft! Die Bischöfe und Katholiken der Basis, die die Armen verteidigen und mit ihnen arbeiten, sind mit Dir", zitierte die Zeitung "La Razon" aus einem Tweet des ersten frei gewählten indigenen Präsidenten Lateinamerikas.
Der Konflikt zwischen Ticona Porco und der Bischofskonferenz entzündet sich an der Haltung zu Morales und dessen möglicher erneuter Kandidatur bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen 2019. Hintergrund ist eine Volksabstimmung vom 21. Februar 2016. In dem Referendum hatte eine knappe Mehrheit der Bolivianer eine Verfassungsänderung abgelehnt, die nötig ist, um Morales eine erneute Präsidentschaftskandidatur zu ermöglichen.
Persönliche Freundschaft zu Morales
Während die Bischöfe auf der Anerkennung des Ergebnisses bestehen, ließ Morales jüngst durchblicken, dass er trotz des Neins der Bevölkerung eine Kandidatur anstrebe. Ticona Porco vermied bislang eine öffentliche Positionierung zu diesem innenpolitisch brisanten Thema. "Weil Evo mein Freund ist, behalte ich meine Meinung für mich", zitierten ihn örtliche Medien.
Morales hatte dem Geistlichen jüngst persönlich zu seiner bevorstehenden Erhebung zum Kardinal gratuliert und angekündigt, ihn nach Rom zu begleiten. "Er hat mich beglückwünscht und erklärt, endlich habe man einen indigenen Kardinal ernannt", sagte der emeritierte Prälat von Corocoro Ende Mai der Tageszeitung "Los Tiempos". Zugleich betonte er seine persönliche Freundschaft zu Morales: "Wir sind Freunde im Kampf für die Demokratie." Er sei während der Diktatur verfolgt worden und könne sich an gemeinsame Märsche mit Morales zum Regierungspalast erinnern, sagte Ticona Porco. Es sei nun an der Zeit, in einen Dialog einzutreten, Gespräche zu führen und zusammenzuarbeiten.
Papst Franziskus hatte im vergangenen Monat die Ernennung von 14 neuen Kardinälen bekanntgegeben. Sie erhalten am 28. Juni in Rom den Kardinalspurpur. Ticona Porco arbeitete, bevor er Priester wurde, in den Minen von Potosi für den Lebensunterhalt seiner Familie. Am 25. April 1937 in Atocha geboren, lernte er den harten Alltag in der südbolivianischen Bergbauregion kennen. Nach dem Studium - unter anderem in Brüssel - bewahrte er seine Nähe zu der Region und den Menschen: erst als Priester, dann als Weihbischof in Potosi, schließlich, ab 1992, auch als Prälat von Corocoro.