"Wir sind keine Demonstranten"
"Bislang haben sich rund 400 Pilger angemeldet", berichtet Daniela Bergmaier von der Geschäftsstelle des Ökumenischen Pilgerwegs. "Aber nur etwa zehn gehen den kompletten Weg von Flensburg bis nach Paris". Dafür müssen die Teilnehmer neben Ausdauer vor allem Zeit mitbringen, denn die Tour beginnt bereits am morgigen Sonntag. Dann ist die Gruppe für elf Wochen auf zwölf Etappen unterwegs.
Einer, der viel Zeit hat, ist der Hamburger Wolfgang Zarth. Der 68-jährige Pensionär ist das Wandern gewohnt und kann so auch das Tagespensum von rund 20 Kilometern laufen. "Ich war sicherheitshalber nochmal beim Arzt und habe mich gründlich durchchecken lassen", berichtet er. Der habe aber nichts gefunden, und so könne er die knapp 1.500 Kilometer auf sich nehmen.
Der internationale Pilgerweg verläuft von Flensburg über das Ruhrgebiet und Trier nach Paris. Außerdem wird er durch einen südlichen Zulauf von Ludwigshafen nach Metz ergänzt. Dabei wurde jedoch nicht der kürzeste Weg ausgesucht, sondern die Strecke folgt traditionellen Pilgerwegen. Außerdem lernen die Pilger etwas dazu, "denn durch Workshops und politische Aktionen entlang des Weges versuchen wir auf die Klimagerechtigkeit auf unserem Planeten aufmerksam zu machen", sagt Bergmaier.
Auch der spirituelle Teil des Pilgerns kommt dabei nicht zu kurz. Jeden Tag gibt es verschiedene religiöse Impulse; ganze Wegabschnitte werden im Schweigen gegangen. "Denn wir pilgern ja und gehen nicht einfach nur wandern", sagt Bergmaier. Das zeigt sich auch an den ökumenischen Initiatoren des Klimapilgerns: Neben Landeskirchen, Diözesen und christlichen Entwicklungsdiensten haben auch Missionswerke und Jugendverbände zum Pilgern eingeladen.
Auf dem Weg werden die Teilnehmer an sogenannte Schmerzpunkte gelangen. Dort wollen die Initiatoren auf Klima-Ungerechtigkeit aufmerksam machen. So wird das Braunkohleabbaugebiet im nordrheinischen Inden besucht, die Gruppe kommt an Flughäfen vorbei und macht einen Abstecher beim Opel-Werk in Rüsselsheim. "Wir sind aber keine Demonstranten", betont Bergmaier. Es gehe vielmehr darum Alternativen aufzuzeigen.
Solche Alternativen finden sich ebenfalls entlang des Wegs. Die Pilger kommen an Solaranlagen vorbei, besuchen ökologische Landwirtschaftsbetriebe und werden etwas über Geothermie am Osnabrücker Dom erfahren. Der wird nämlich zum großen Teil mit Erdwärme geheizt - also mit regenerativer Energie.
Dass so etwas möglich ist, will das Motto des Pilgerweges "Geht doch" deutlich machen. Damit solle gezeigt werden, dass Klimagerechtigkeit nicht bei der Solarenergie anfängt und beim Windrad aufhört, so Bergmaier. Sich für die Umwelt einzusetzen habe eben nicht nur etwas mit Alternativen Energieformen zu tun, "sondern findet sich in jedem Lebensalltag".
Linktipp
"Geht doch!" - unter diesem Motto lädt ein ökumenisches Bündnis zum Mitpilgern auf den Pilgerweg für Klimagerechtigkeit ein. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Aktion.Wolfgang Zarth möchte durch das Pilgern etwas bewegen. "Wir müssen an unsere Nachkommen denken und dürfen ihnen nicht einen kaputten Planeten hinterlassen", ist er überzeugt. Deswegen wolle er sich engagieren. Trainiert hat er jedoch nicht, berichtet er. "Als langjähriger Pfadfinder bin ich das Laufen gewohnt und auch in der Natur zu übernachten macht mir nichts aus."
Pilger mit politischen Zielen
So weit soll es aber gar nicht kommen. Damit die Pilger ihre Nächte nicht im Freien oder in Zelten verbringen müssen, haben sich in den Orten entlang des Weges Gastfamilien bereit erklärt, die Wanderer aufzunehmen. Wo das nicht klappt, schlafen sie in den Gemeindesälen der jeweiligen Pfarreien.
Dass die Pilger dennoch auch für einen politisches Ziel unterwegs sind, wird sich bei der Ankunft in Paris zeigen. Denn bei der ökumenischen Abschlussveranstaltung treffen sie mit Aktivisten aus der ganzen Welt zusammen, um sich für mehr Klimagerechtigkeit stark zu machen.