Woelki kritisiert Regierungspolitik
Durch eine Begrenzung würden wahrscheinlich Frauen und Kinder gezwungen, die gefährliche Reise über das Mittelmeer zu wagen, um ihren Ehemann und Vater wiederzutreffen, so Woelki. Die Leidtragenden seien hier die Schwachen, die sich nicht gegen die Gewalt in Syrien und im Nordirak zur Wehr setzen könnten. Die Kirche setze sich für den Schutz von Ehe und Familie ein, wozu selbstverständlich auch die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien zähle. "Ich würde mir hier wirklich eine andere Lösung wünschen, die den Werten unserer Gesellschaft und Europas entspricht, und wo wir den Menschen hier Aufnahme gewähren können", sagte der Kardinal.
Er kritisierte das "zum Teil unwürdige Gezänk" der Politik um "den sogenannten Asylkompromiss". Deutliche Kritik übte der Erzbischof an Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer, weil dieser sich "gerühmt" habe, an den "schärfsten Regeln" zur Begrenzung von Flüchtlingszahlen mitgewirkt zu haben. Solche Äußerungen "stimmen mich mehr als nachdenklich, denn wir müssen die Würde jedes einzelnen Menschen auf der Flucht achten", so der Kardinal. Statt Jubel über begrenzte Flüchtlingszahlen seien jetzt vorausschauende Entscheidungen von der Politik für die Integration erforderlich.
Minister erhält Unterstützung aus den eigenen Reihen
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte in der vergangenen Woche vorgeschlagen, Flüchtlingen aus Syrien lediglich subsidiären Schutz, aber kein Asyl zu gewähren. Nach dem Regierungsbeschluss vom Donnerstag wäre das Recht auf Familiennachzug damit ausgesetzt. Unterstützung erhielt der Minister für seinen Vorschlag aus den Reihen seiner eigenen Partei. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner schlug vor, die Innenministerkonferenz müsse "umgehend" über eine Begrenzung des Familiennachzugs beraten. Spätestens in ein paar Monaten werde es entsprechende Regelungen geben, um die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen zu gewährleisten. Wer von unbegrenztem Familiennachzug spreche, übergehe die Praxis, so Klöckner, die auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist. (kim/KNA)