Krakaus Kardinal Stanislaw Dziwisz geht in den Ruhestand

Wojtylas Nachlassverwalter

Veröffentlicht am 09.12.2016 um 12:55 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Stanislaw Dziwisz aus Krakau hält ein Bild von Johannes Paul II. in der Hand in seinem Wohnsitz in Krakau, Polen, am 4. März 2016.
Bild: © KNA
Polen

Bonn ‐ Jahrzehntelang diente Stanislaw Dziwisz dem heiligen Johannes Paul II. Nach dessen Tod sorgte er sich treu um das Vermächtnis. Eine Erfindung seines Mentors wurde zum Höhepunkt in Dziwisz' Lebenswerk.

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Der Krakauer Erzbischof und Kardinal Stanislaw Dziwisz (77) geht in den Ruhestand. Nach mehr als elf Jahren im Amt überlässt der langjährige Sekretär von Papst Johannes Paul II. das Feld seinem Nachfolger, dem 67-Jährigen bisherigen Bischof von Lodz, Marek Jedraszewski. Das teilten die südpolnische Erzdiözese und der Vatikan am Donnerstag mit.

Die Altersgrenze von 75 erreichte der am 27. April 1939 in Raba Wyzna bei Krakau geborene Dziwisz bereits vor zwei Jahren. Wie im Kirchenrecht vorgesehen, bot er dem Papst damals seinen Rücktritt an. In der Regel belässt dieser die Leiter wichtiger Diözesen aber noch einige Zeit weiter im Amt. Und im Fall des Krakauer Erzbischofs sprach zudem ein zweiter gewichtiger Grund für den Verbleib: der für Sommer 2016 anberaumte Weltjugendtag (WJT).

Ein historisches Ereignis als Höhepunkt des Lebenswerks

Der WJT in Krakau wurde nach der Heiligsprechung von Johannes Paul II. im Jahr 2014, die Dziwisz mit Nachdruck vorangetrieben hatte, in gewissem Sinne zur Krönung seines Lebenswerks. Dem Gastgeber gelang es, eine der großen Ideen seines Lehrmeisters Johannes Paul II., der das katholische Großereignis vor mehr als 30 Jahren erfunden hatte, in die neue Zeit und ins pluralistische Polen zu übertragen. An der Abschlussmesse mit Papst Franziskus nahmen laut Vatikanangaben rund 1,5 Millionen Menschen teil - anderen Schätzungen zufolge waren es sogar bis zu 2,5 Millionen. Die polnische Regierung und die Bischofskonferenz werteten das Glaubensfest als "großes historische Ereignis". Knapp fünf Monate danach tritt der Krakauer Erzbischof nun zurück.

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Was es heißt, aus der Öffentlichkeit zu verschwinden, weiß Dziwisz vermutlich besser als viele andere. Er machte die Erfahrung bereits im April 2005 während seiner Zeit als päpstlicher Privatsekretär. Damals schloss sein Mentor und Dienstherr Johannes Paul II. nach langer Krankheit die Augen. Dziwisz bedeckte das Gesicht des toten Papstes mit einem Seidentuch - und verschwand anschließend selbst aus dem Blickfeld der Weltöffentlichkeit.

Ratzinger, Sodano, Dziwisz: ein eingespieltes Trio

Das (vorübergehende) Zurücktreten in die zweite Reihe war umso dramatischer, weil Dziwisz in den letzten Lebensjahren des polnischen Papstes einer der mächtigsten Männer im Vatikan war. Gemeinsam mit dem Glaubenspräfekten, Kardinal Joseph Ratzinger, und Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano bildete er das eingespielte Trio, dem der schwerkranke Papst weite Teile der Führung der Weltkirche anvertraute. Da Dziwisz ihm damals schon seit über 30 Jahren diente, konnte er ihm viele Gedanken von den Augen ablesen - und von den am Ende fast sprachunfähig werdenden Lippen. Trotzdem war es manchen im Vatikan nicht ganz geheuer, wenn Dziwisz gegen Ende immer öfter mit dem Satz "Der Heilige Vater wünscht..." Dinge entschied und anordnete.

Für den treuen Diener war die Last am Ende unerträglich. Als Johannes Paul II. tot war, strahlte Dziwisz neben Trauer auch Erleichterung aus. Dazu trug sicher auch bei, dass der deutsche Nachfolger im Papstamt, Benedikt XVI., den langjährigen Privatsekretär seines Vorgängers schon sehr bald zum Erzbischof von Krakau ernannte und ihn zum Kardinal beförderte.

Seit 2005 war Kardinal Stanislaw Dziwisz Erzbischof von Krakau.
Bild: ©KNA

Seit 2005 war Kardinal Stanislaw Dziwisz Erzbischof von Krakau. Der Weltjugendtag im Jahr 2016 sollte zugleich Höhe- und Schlusspunkt seines kirchlichen Lebenswerks werden.

In den Jahren nach dem Tod seines Meisters entwickelte sich Dziwisz zu einer Art kirchlichem Nachlassverwalter von Johannes Paul II. In dem Fenster in Krakau, von dem aus Wojtyla als Kardinal und später als Papst immer wieder die katholische Jugend grüßte, steht bis heute ein großes Bild des Verstorbenen. Dziwisz kam jedoch nie in die Versuchung, ihm nacheifern zu wollen. Auch in der Polnischen Bischofskonferenz hat er, trotz des traditionell großen Gewichts des Krakauer Erzbischofssitzes, eine zwar sichtbare, aber keine dominante Rolle übernommen.

Den letzten Wunsch schlug er dem Papst aus

Umso eifriger bemühte er sich, das Erbe Johannes Pauls II. in Polen und in der Weltkirche zu erhalten. Der zum Erzbistum gehörende Wojtyla-Geburtsort Wadowice im Karpatenvorland ist unter seiner Ägide zu einem nationalen und internationalen Anziehungspunkt für Pilger geworden. In Vorträgen und Büchern hat er seine Jahre mit dem Papst aus Wadowice ausführlich geschildert. Umstritten war seine Entscheidung, die persönlichen Aufzeichnungen von Johannes Paul II. nach dessen Tod nicht zu vernichten. Gegen den ausdrücklichen testamentarischen Wunsch des Papstes bewahrte Dziwisz die Notizen für die Nachwelt auf.

Von Ludwig Ring-Eifel und Inga Kilian (KNA)