Präsident Jonathan will den Terror mit Reformen bekämpfen

Zerreißprobe in Nigeria

Veröffentlicht am 15.07.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Terrorismus

Abuja/Kapstadt ‐ Die Gewalt im Norden Nigerias wird zur Zerreißprobe für das Land. Islamisten stellen die Regierung in Abuja derzeit vor die größte Herausforderung seit dem Bürgerkrieg. Nun kündigte Präsident Goodluck Jonathan in einem Interview des englischsprachigen Magazins "The African Report" an, mit Schulen, Jobs und einer Freihandelszone gegen Radikale vorzugehen.

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Gewalt sei keine Lösung, meint Jonathan: "Terror ist wie schlechte Gewohnheiten zu erlernen, wie den Drogen zu verfallen. Wo nötig, werden wir Gewalt benutzen, um die Zerstörung zu stoppen, aber diese wird das Problem auch nicht lösen."

Gewalt also gegen Gewalt, aber nicht als Lösung. Da das Problem von Menschen geschaffen sei, müsse man diese in den Kampf einbeziehen und ihnen Wege für ein besseres Leben bereiten. Dabei will die Regierung versuchen, mit der lokalen Bevölkerung zusammenzuarbeiten.

Blutiger Krieg im Norden

Vor allem das Leben in Nigerias Norden wird derzeit von einem blutigen Krieg zwischen Islamisten und Armee dominiert. Tausende Soldaten waren dort stationiert worden, als Jonathan im Mai den Notstand für drei Provinzen ausrief. Seitdem flohen mindestens 10.000 Zivilisten in die Nachbarstaaten. Die islamistische Gruppe "Boko Haram" ("Westliche Bildung ist Sünde") geht bei ihren Anschlägen immer rücksichtsloser vor.

Erst Anfang Juli ließen die selbsternannten Gotteskrieger ein Internat in Mamudo, einer Stadt im Nordosten, überfallen. Nach offiziellen Angaben verloren 29 Menschen ihr Leben.

Menschenrechtsgruppen und die US-Regierung beschuldigen nun auch die Armee, Menschenrechte verletzt zu haben. Kritiker werfen Jonathan vor, die Situation im Norden sei der Staatsmacht schon seit seinem Amtsantritt 2010 entglitten. Er selbst gehe nicht hart genug gegen Boko Haram vor.

Junge Menschen in Arbeit bringen

Der Norden Nigerias ist wirtschaftlich unterentwickelt und vom Geschehen der Metropolen weitgehend abgeschnitten. Dreiviertel der Bevölkerung des Nordens müssen mit unter einem US-Dollar pro Tag auskommen - die niedrigste aller Armutsgrenzen. Präsident Jonathan sieht die Gründe dafür im immer weiter grassierenden Terrorismus:

"Wir haben eine Vielzahl junger, arbeitsloser Männer und Frauen. Also müssen wir Gesetze verabschieden, durch die die Wirtschaft wieder florieren kann." Die Regierung diskutiere mit der Privatwirtschaft und habe ein Privatisierungsprogramm im Bereich Energie gestartet.

Größtes Problem bleibt nach seinen Worten aber die hohe Zahl an Schulabbrechern, auch innerhalb der Schulpflicht von neun Jahren. Um die Langzeitfolgen zu bekämpfen, arbeite sein Kabinett jetzt mit den Lokalregierungen zusammen, um Kinder und Jugendliche an die Schule zu binden.

Religion und westliche Bildung

Und der Unterricht, betont Jonathan, müsse auch die Religion rückgekoppelt bleiben: "Wir sind religiöse Menschen, und man kann Kinder nicht von ihrem Glauben trennen." Der Unterricht in Nigeria solle einer Mischung aus Religion und westlicher Bildung folgen - sowohl für Christen wie auch für Muslime. Letztere machen im Norden die Bevölkerungsmehrheit aus.

Für einen höheren Lebensstandard soll eine bessere Infrastruktur her - so erläutert der Präsident seine Pläne: Für die Bauern im trockenen Norden plane man derzeit ein Bewässerungssystem. Um die Mango- und Tomatenernte exportieren zu können, seien bereits neue Flughäfen-Terminals errichtet.

Zudem würden Freihandelsabkommen die wirtschaftliche Situation der Nigerianer verbessern, so Jonathan. Vor allem der Norden werde davon profitieren, dass innerhalb des Staatenbundes künftig 80 Prozent der Waren ohne Auflagen gehandelt werden könnten.

Von Markus Schönherr (KNA)

Hintergrund: Nur ein "Familienstreit"?

Fast täglich sorgt sie für neue Schlagzeilen in der nigerianischen Tagespresse: die Christliche Vereinigung Nigerias (CAN). Die Organisation versteht sich als Sprachrohr der Kirchen im Land und sollte eigentlich alle Mitglieder vereinen. Doch nun hat die katholische Kirche auf nationaler Ebene ihre Mitgliedschaft auf Eis gelegt.