Wiener Pastoraltheologe über den Wandel des Ehrenamts

Zulehner: Ehrenamtliche Priester möglich

Veröffentlicht am 28.12.2016 um 14:35 Uhr – Lesedauer: 
Ein Porträt des Pastoraltheologen Paul Zulehner
Bild: © KNA
Ehrenamt

Bonn ‐ Das Ehrenamt wird in der Zukunft der Kirche eine noch bedeutendere Rolle spielen, meint der Pastoraltheologe Paul Zulehner. Zur Begründung nennt er finanzielle und theologische Gründe.

  • Teilen:

Geht es nach dem Wiener Pastoraltheologen Paul Michael Zulehner, könnten Priester ihren Dienst in der Gemeinde in Zukunft ehrenamtlich erfüllen. Sie könnten dann, wie ehrenamtliche Laien auch, von einem profanen Beruf leben, sagte er der österreichischen Zeitschrift "Miteinander". Grund dafür sei einerseits, dass die Kirchen irgendwann ärmer würden. "Ehrenamtlichkeit wird dann auch das Zeichen einer 'armen Kirche' sein, wie Papst Franziskus sie wünscht", so der Religionssoziologe. Unprofessionell werde die Kirche dadurch aber nicht.

Die Priesterkirche ist bequemer

Andererseits sieht Zulehner einen fortschreitenden Umbau von der Priesterkirche hin zu einer priesterlichen Volk-Gottes-Kirche, wie es das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt. Den Dienst der Ehrenamtlichen in der Kirche könne man auf zweierlei Art sehen: In einer Priesterkirche seien sie "Mitarbeiter des Klerus" und gesucht, "um die überforderten Priester zu entlasten". Zu "Mitarbeiter Gottes" würden sie in einer priesterlichen Volk-Gottes-Kirche, in der alle "wahrhafte Gleichheit an Würde und Berufung haben". Diese Charakterisierung fände sich schon im Konzilsdokument "Lumen gentium" und im Kirchenrecht: Dass alle mitberaten und mitentscheiden könnten, entspräche der Kirchenvision des Zweiten Vatikanischen Konzils. Doch Zulehner räumt ein: "Die Priesterkirche ist für die Laien viel bequemer."

Zulehner sprach auch über den grundsätzlichen Wandel des Ehrenamtes: Hätten Freiwillige früher für den Gotteslohn gearbeitet, wollten sie heute im Team arbeiten, nachhaltig mitgestalten können und von der Gemeinschaft Anerkennung erfahren. Dass das Ehrenamt in Zukunft eine immer größere Rolle spielen werde, läge auch daran, dass es in der Kirche keinen Unbegabten gebe. "Jede und jeder ist zu etwas gut, hat eine Berufung für die ganze Gemeinschaft", meint Zulehner. Schon heute gebe es in Österreich so viele Ehrenamtliche wie nie zuvor. Jedoch übernähmen immer weniger Menschen immer mehr Aufgaben – und auch junge Helfer fehlten. Die gelte es anzusprechen: "Das Grundamt aller ist es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gottes zu sein für die Welt." (jhe)

Linktipp: "Zahlen sprechen eindeutige Sprache"

"Das System, wie es bisher besteht, ist am Ende", sagt Regens Hartmut Niehues über die Situation der Kirche in Deutschland. Im Interview mit katholisch.de erläutert er, warum die Priester teamfähiger werden und die Laien ihre eigene Berufung mehr wahrnehmen müssen. (Artikel von April 2016)