Zum Kern der Religion vorstoßen
Schulleiter Gerd Grave ist davon überzeugt, dass dieses neue reguläre Fach, das bisher nur an wenigen Gymnasien in Nordrhein-Westfalen unterrichtet wird, sehr gut zur internationalen Ausrichtung seiner Schule passt.
Dort seien fast 50 Nationen vertreten, erläutert Grave. Rund 25 Prozent der Schüler hätten einen Migrationshintergrund. "Allein in den letzten 12 Monaten haben wir 44 ausländische Schüler aufgenommen, darunter 11 Flüchtlingskinder. Da ist es doch nur konsequent und folgerichtig, auch den muslimischen Schülern ein besonderes Angebot zu machen, ja das ist geradezu unsere Pflicht."
Eltern begeistert über die Lehrerin
In NRW leben rund 1,5 Millionen Muslime, darunter fast 350.000 Schüler. Der islamische Religionsunterricht wurde hier zum Schuljahr 2012/13 als ordentliches Fach eingeführt. Schulen, die die organisatorischen Voraussetzungen erfüllen und über entsprechende Lehrkräfte verfügen, können es anbieten.
Lehrerin Ibrahim ist ein Glücksfall für das Paulinum: Die Ägypterin hat an der berühmten Al-Azhar-Universität in Kairo Germanistik, Arabistik und Islamische Theologie studiert, in Köln eine spezielle Ausbildung hinzugefügt, verschiedene staatliche Prüfungen abgelegt und die offizielle Lehrerlaubnis erworben. Merfat Daka, engagierte Mutter des Achtklässlers Dija, ist begeistert: "Ich selbst habe den Islam von meinen Eltern vermittelt bekommen, aber den wirklichen religiösen Hintergrund kann ich an meinen Sohn nicht weitergeben."
"Islam-Vermittlung muss selbstverständlich werden"
Für sie sei es wichtig, dass das Fach Islamischer Religionsunterricht genauso ernst genommen werde wie Mathe oder Deutsch, fügt Daka hinzu. Die stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende Martina Sieger ergänzt, Bildung und Wissen seien die entscheidenden Mittel, um die muslimischen Schüler für Lockrufe von Islamisten immun zu machen. "In Fächern wie Islamkunde wird doch nicht zum Kern der Religion vorgestoßen", meint Sieger.
"Die Offenheit, mit der bei uns der Islam vermittelt wird, ist aus meiner Sicht eine große Chance." Das hätten mittlerweile auch die muslimischen und nicht-muslimischen Eltern erkannt, die anfangs skeptisch gewesen seien, was wohl da am Paulinum unterrichtet werde, sagt Sieger. "Was wir hier sozusagen als Pilotschule machen, muss selbstverständlich werden."
Ibrahim unterrichtet Schüler der Stufen fünf bis acht nach einem verbindlichen Lehrplan und mit Lehrbüchern, die von ihrem Standard her mit katholischen oder evangelischen Religionslehrbüchern vergleichbar sind. Längst nimmt sie auch an der Fachkonferenz Katholische Religion teil, in der über Inhalte und Schwerpunkte des Unterrichts gesprochen wird. "Das ist eine Stärkung unseres Fachs", betont die Fachkonferenz-Vorsitzende Johanna Peek. "So wie ich als Katholikin ernst genommen werden will, muss ich auch andere mit ihrem Glauben ernst nehmen." Die Profilierung in diesem Bereich sei für das traditionsreiche Paulinum sehr wichtig, sagt Peek.
Schuleigenes Hilfswerk geplant
Ein stures Auswendiglernen von Koran-Versen gibt es in Ibrahims Unterricht nicht; stattdessen bezieht sie ihre Schüler gezielt mit ein, lässt sie Gedichte selbst schreiben oder ein Plakat zum Thema "Liebe und Freundschaft" gestalten.
Leen und ihre ältere Schwester Sheed, beide nahezu perfekt Deutsch sprechende Palästinenserinnen, sind jedenfalls begeistert. "Bei Frau Ibrahim sind die Stunden immer so lebendig und abwechslungsreich", schwärmen sie. "Und wir lernen auch noch viel." Jüngste Frucht des Unterrichts: Der Kurs will demnächst ein schuleigenes Hilfswerk mit dem Namen "Paulinum helps poor people" ins Leben rufen.