Zusammenstöße an Jerusalemer Klagemauer
Bei Protesten nicht-orthodoxer jüdischer Gruppierungen an der Jerusalemer Klagemauer ist es am Mittwoch zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitsbeamten gekommen. Eine internationale Gruppe nicht-orthodoxer Rabbiner und ihre Unterstützer hatten sich mit einem Protestmarsch gegen die Verzögerung der Einrichtung einer Gebetssektion ohne Geschlechtertrennung gewandt, wie israelische Medien am Mittwoch berichteten. Dabei trugen die Demonstranten mehrere Torahrollen mit sich. Das Mitbringen eigener Torahrollen an die heilige Stätte ist verboten.
Handgemengen der Rabbiner mit den Einsatzkräften
Im zu Jahresbeginn zugesagten Gebetsabschnitt soll es konservativen und reformjüdischen Bewegungen gestattet sein, gemeinsame Gebete für Männer und Frauen abzuhalten. Der egalitäre Gebetsabschnitt soll den jahrelangen Streit um die religiösen Rechte von Frauen an der Stätte entschärfen. Das Vorhaben hatte jedoch für scharfe Kritik des israelischen Oberrabbinats sowie des für die Klagemauer zuständigen Rabbiners, Schmuel Rabinowitz, gesorgt.
Zeitungsberichten zufolge versuchten Sicherheitsbeamte, die Protestler auf ihrem Marsch vom Dungtor zur Klagemauer aufzuhalten. Dabei kam es zu Handgemengen der Rabbiner mit den Einsatzkräften. Den Demonstranten gelang es schließlich, acht Torahrollen an die heilige Stätte zu bringen. Wie israelische Medien weiter berichteten, wurde die Gruppe an der Klagemauer von strengreligiösen Gegendemonstranten angegriffen.
Die von einer Reihe von prominenten Rabbinern organisierte Demonstration richtete sich gegen die israelische Regierung. Zeitgleich zum Protestmarsch feierte die Aktivistinnengruppe "Women of the Wall" (Frauen der Klagemauer) ihren traditionellen Gottesdienst zum jüdischen Monatsbeginn (Rosch Chodesch).
20.000 reformierte und konservative Juden schrieben Protestmails
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die Demonstranten am Dienstagabend dazu aufgerufen, ihren Protestmarsch abzusagen. "Wir haben ein Volk und eine Mauer - es ist unsere Mauer", zitierte ihn die Tageszeitung "Haaretz". Je weniger das Thema in die Öffentlichkeit komme, desto größer seien die Chancen für eine Lösung.
Im Streit um den egalitären Gebetsbereich hatten verschiedene nicht-orthodoxe jüdische Organisationen während der hohen jüdischen Feiertage im Oktober eine E-Mailkampagne organisiert. 20.000 reformierte und konservative Juden weltweit richteten Protestmails an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Präsident Reuven Rivlin, Knessetsprecher Juli Edelstein und den Minister für Diasporaangelegenheiten, Naftali Bennett. In der Petition rufen die Befürworter des neuen Gebetsbereichs die Regierung dazu auf, bis zum 17. November Stellung zu nehmen und die Verzögerungen zu erläutern. (KNA)