Zwei Treffen mit den Castros, keines mit Kritikern
Zuvor hatte sich Franziskus mit Kubas ehemaligem Präsidenten Fidel Castro getroffen. Das etwa 30-minütige Gespräch in der Residenz des 89-Jährigen sei "familiär und zwanglos" verlaufen, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi im Anschluss mit. Anwesend waren den Angaben zufolge auch Castros Frau und weitere Familienmitglieder. Der Papst schenkte Castro einige theologische und religiöse Bücher. Bei einem Gespräch mit Benedikt XVI. vor drei Jahren in Havanna hatte Castro den damaligen Papst gebeten, ihm einige Bücher zuzusenden.
Bereits am Sonntagmorgen (Ortszeit) hatte Papst Franziskus bei einer Messe auf dem "Platz der Revolution" in Havanna Cliquenwirtschaft und elitäres Verhalten verurteilt. Dienst dürfe nicht mit Selbstbedienung verwechselt werden, sagte er vor rund 100.000 Teilnehmern. Zugleich warnte er vor einer Vereinnahmung christlicher Werte durch politische Ideologie. Beobachter werteten die Worte des Papstes als Kritik an der Kommunistischen Partei auf Kuba. Auch Staatspräsident Raul Castro nahm an der Messe teil. Aus dem Heimatland des Papstes reiste Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner an.
Treffen mit Systemkritikern verhindert?
Schon während der Messe berichteten kubanische Medien und Blogs darüber, am Rande der Feier hätten Zivilbeamte Dissidenten verhaftet. Unterdessen sollen nach Angaben der Opposition auch die beiden prominenten Regimekritikerinnen Berta Soler und Martha Beatriz Roque beim Versuch, Papst Franziskus in der Nuntiatur in Havanna zu treffen, verhaftet worden sein. In Santa Clara sollen zudem 26 Aktivistinnen der Bürgerrechtsbewegung "Frauen in Weiß", die auf dem Weg zur Papstmesse nach Havanna waren, festgenommen worden sein.
Vatikansprecher Lombardi bestätigte später am Tag, dass der Papst vergeblich versucht habe, sich mit den Dissidenten zu treffen. Geplant gewesen sei eine kurze Begegnung, jedoch kein Gespräch, sagte er vor Journalisten in Havanna. Es habe dazu telefonische Kontakte gegeben. Bislang sei eine solche Begegnung jedoch nicht zustande gekommen. Über die Gründe für das Scheitern habe er dagegen keine Informationen, so Lombardi. Im offiziellen Reiseprogramm von Franziskus war kein Treffen mit Systemkritikern vorgesehen. Benedikt XVI. und Johannes Paul II. hatten während ihrer Kuba-Reisen 2012 und 1998 auf solche Treffen verzichtet, um die kubanischen Gastgeber nicht zu brüskieren.
Am Sonntagabend feierte der Papst einen Vespergottesdienst mit Priestern und Ordensleuten in der Kathedrale von Havanna. Die Kirche müsse sich noch stärker um die Armen und Benachteiligten der Gesellschaft kümmern, so Franziskus, der während seiner Predigt von seinem Manuskript abwich und frei auf Spanisch sprach. Er rief die Geistlichen dazu auf, den Fokus nicht auf wirtschaftlichen Erfolg zu legen. "Wenn ein Orden anfängt zu sparen und zu sparen, dann kann man nur hoffen, dass Gott ihm einen schlechten Verwalter schickt, der alles den Bach runtergehen lässt. Solche wirtschaftlichen Desaster befreien."
Papst Franziskus trifft kubanische Jugendliche
Zugleich dankte der Papst den Geistlichen und Ordensleute für ihre Arbeit. In den Augen der Welt vergeudeten viele Ordensleute ihr Leben, doch wer denjenigen helfe, die besonders verlassen oder schwer krank seien, der diene Jesus auf die größtmögliche Art und Weise. Die Häuser in denen die Barmherzigkeit regiere, seien die Orte, in denen die Zuneigung Gottes am stärksten sichtbar werde. Barmherzigkeit sei darüber hinaus auch im Beichtstuhl gefragt. Dort begegne man dem Menschen, "der sein Elend zeigt. Das Elend, das wir alle haben", so der Papst. "Schimpft ihn nicht aus, bestraft ihn nicht!", forderte der Papst die Geistlichen und Ordensleute auf.
Zum Abschluss des Tages traf Franziskus mit kubanischen Jugendlichen im Kulturzentrum "Padre Felix Varela" zusammen. Dort rief er zu einer Kultur der Begegnung und des Dialogs auf. Trotz aller Unterschiede könnten Veränderungen nur gemeinsam bewirkt werden, betonte er. Franziskus forderte seine Zuhörer auf, Differenzen und unterschiedliche Einstellungen zu überwinden und miteinander ins Gespräch zu kommen: "Streitet euch nicht! Sprecht Miteinander!"
Themenseite: Papstreisen
Als Oberhaupt der katholischen Kirche absolviert Papst Franziskus regelmäßig Reisen innerhalb Italiens und in andere Länder. Diese Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zu den Reisen des Heiligen Vaters.Wichtig sei eine "soziale Freundschaft" unter den Menschen, so der Papst weiter. Trennung und Feindschaft hingegen lasse Familien und ganze Nationen zerbrechen, betonte der Papst in seiner frei gehaltenen Ansprache. "Die Welt zerstört sich durch Feindschaft und die größte Feindschaft ist der Krieg." Die Menschen müssten endlich miteinander verhandeln, anstatt sich umzubringen. Unterschiede müssten respektiert werden, damit gemeinsam an der Zukunft gearbeitet werden könne.
Verweis auf die "Wegwerfkultur" Europas
Franziskus berichtete von kommunistischen, jüdischen und katholischen Studenten in Buenos Aires, die gemeinsam mit angepackt hätten, um ein neues Jugendzentrum zu bauen. Dies zeige, dass eine Gesellschaft, die in Lage sei, soziale Freundschaften zu schließen, eine Zukunft habe. Zugleich ermutigte der Papst die Jugend dazu, ihre Träume und Hoffnungen zu verwirklichen. Hoffnung bedeute Zukunft. In seiner Ansprache verwies er auch auf die Situation in Europa, wo in vielen Ländern eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und eine "Kultur des Aussortierens und Wegwerfens" herrsche.
Am Montag wird Franziskus zunächst das 700 Kilometer von Havanna entfernte Holguin besuchen, bevor er zu seiner letzten Station auf der Karibikinsel nach Santiago de Cuba aufbricht. Dort trifft er unter anderen mit den Bischöfen des Landes zusammen und besucht den bedeutendsten Wallfahrtsort Kubas, das Heiligtum der Jungfrau von El Cobre.
Am Dienstag geht die Reise schließlich weiter in die USA, wo den Papst neben viel Euphorie auch Gegenwind erwartet. So hat der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, am Sonntag im Gespräch mit dem Fernsehsender CNN die Kuba-Politik des Vatikan kritisiert. Franziskus sei in politischen Fragen nicht unfehlbar, sagte der Präsidentschaftsanwärter. Christie kritisierte den jüngsten Appell des Papstes, der die Verantwortlichen zu Beginn seiner Kuba-Reise am Samstag dazu aufgerufen hatte, den Weg der Annäherung weiter zu verfolgen und zu einem Vorbild der Versöhnung für die ganze Welt zu werden. (bod/KNA)