Wie die Kirche in den großen Rosenmontagszügen vorkommt

Zwinkernder Luther, zerknautschter Dom

Veröffentlicht am 24.02.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Karneval

Köln ‐ Karneval und die katholische Kirche gehören zusammen. Das zeigt sich besonders bei den Umzugswägen an Rosenmontag. Zum 175. Geburtstags des Dombau-Vereins haben sich die Kölner etwas Besonderes überlegt.

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"Uns kritt nix klein - Narrenfreiheit, die muss sein." Das Düsseldorfer Karnevalsmotto scheint wie gemacht für einen, an den in diesem Jahr allenthalben erinnert wird: Martin Luther, der sich weder kleinkriegen noch seine (Narren-)Freiheit nehmen ließ. Und so taucht der Reformator im Düsseldorfer Rosenmontagszug auf: augenzwinkernd, in der Hand den Hammer zum Anschlag seiner 95 Thesen. Initiator des Wagens unter dem Motto "Vergnügt, erlöst, befreit, evangelisch" ist der evangelische Kirchenkreis Düsseldorf.

Und auch in Mainz fährt ein dreieinhalb Meter hoher Reformator mit. Neben dem Thesenhammer ließ ihn das dortige evangelische Dekanat mit "Weck, Worscht un Woi" ausstatten, feiern die Mainzer Narren doch unter dem Motto «De Dom gehört zu Meenz am Rhoi wie Fassenacht, Weck, Worscht un Woi» (Der Dom gehört zu Mainz am Rhein wie Fastnacht, Brötchen, Wurst und Wein). Und was ist mit Luther in der dritten Hochburg rheinischen Frohsinns?

Kein evangelischer Mottowagen

"Vergeblich" habe die Evangelische Kirche in Köln versucht, einen eigenen Mottowagen im Rosenmontagszug zu bekommen, erklärt Stadtsuperintendent Rolf Domning. Was 2007, im Jahr des Evangelischen Kirchentags in Köln, noch möglich war, sei im Reformationsgedenkjahr 2017 leider nicht möglich gewesen. "Et es, wie et es...", übt sich der evangelische Theologe in kölschem Fatalismus. "Wir machen niemandem einen Vorwurf, aber wir hätten schon sehr gerne einen eigenen Motivwagen zu diesem großen Anlass gehabt." Einen entsprechenden Vorschlag habe das Festkomitee Kölner Karneval vor zwei Jahren unterstützt; im Herbst kam das Angebot, einen Wagen mit dem Kölner Zentral-Dombau-Verein, dem Kölner Männer-Gesang-Verein (KMGV) und dem Karnevalsverein "Unger uns" zu teilen. "Das waren nicht die Bedingungen, die wir uns erhofft hatten", bedauert Domning.

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Nun fährt besagter Wagen ohne Luther, aber mit einem anderen kirchlichen Star durch Köln: dem Dom - wie schon so oft bei Rosenmontagszügen. Im vergangenen Jahr wurde im "Zoch" das Problem der "Wildpinkler" an der Kathedrale aufs Korn genommen. Diesmal liegt ein lilafarbener, leicht zerknautschter Dom auf der Seite, viele knallbunte "Minions" turnen auf ihm herum. Die drolligen Trickfilmfiguren arbeiten fleißig am Weltkulturerbe, denn der 175. Geburtstag des Dombau-Vereins ist Anlass für den Motivwagen.

"Ist er nicht herrlich!", freut sich Präsident Michael Hoffmann, der den Entwurf auch erst seit wenigen Tagen kennt. Hoffmann wird unter anderen mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), Dompropst Gerd Bachner, Dombaumeister Peter Füssenich und dessen Vorvorgängerin Barbara Schock-Werner auf dem Wagen mitfahren. Dabei werden sie "tonnenweise" Süßigkeiten unters Volk bringen, versehen mit dem Logo des Dombau-Vereins.

"Mein Herz schlägt für das Bonner Münster"

Auch in Kölns südlicher Nachbarstadt ist eine Kirche Thema des Rosenmontagszugs. "Bonn mit Hätz" lautet das Sessionsmotto 2017, und "Mein Herz schlägt für das Bonner Münster" ist ein Mottowagen betitelt. Er zeigt die große katholische Innenstadtkirche leicht angegriffen, mit Fieberthermometer und Schal, denn sie ist stark sanierungsbedürftig. Für den Festzug ist es auch Brauch, dass er zuvor gesegnet wird. Dabei beteten in Bonn der katholische Stadtdechant Wilfried Schumacher und der evangelische Pfarrer Joachim Gerhardt auch für einen friedlichen und unfallfreien Verlauf. Und Kölns Stadtdechant Robert Kleine sagte vor dem Segen: "Über allem schwebt immer auch die Angst, dass etwas geschehen könnte."

So wird für die Rosenmontagszüge in diesem Jahr das Thema Sicherheit groß geschrieben. Allein in Köln stehen rund 2.200 Polizisten und 630 Ordnungsamtsmitarbeiter bereit. In den meisten Metropolen werden Blockaden für Lastwagen errichtet und Fahrverbote für Lastwagen erlassen. In puncto Sicherheit sei der Kölner Rosenmontagszug ein bundesweites Vorzeigeprojekt, so Zugleiter Christoph Kuckelkorn kürzlich zur "Bild"-Zeitung. Doch müsse man mit einer Gewissheit leben: "Das Leben ist tödlich!", so der Bestattungsunternehmer. "Das spiegelt sich täglich in meinem Berufsalltag wider."

Von Sabine Kleyboldt (KNA)