Die Flüchtlingskrise ist Schwerpunkt der Vollversammlung der Bischöfe

Zwischen "Willkommenskultur" und "Obergrenze"

Veröffentlicht am 15.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Zwischen "Willkommenskultur" und "Obergrenze"
Bild: © KNA
Vollversammlung

Bonn ‐ Heute beginnt die Vollversammlung der Bischofskonferenz. Im Mittelpunkt steht dabei die Flüchtlingskrise. Weitere Themen sind der zurückliegende Ad-limina-Besuch, der Weltjugendtag und das Reformationsgedenken 2017.

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Doch weit gefehlt: Auch in der ländlichen Idylle des Jagsttals haben die Bischöfe unter der Leitung ihres Vorsitzenden, Kardinal Reinhard Marx, die gesellschaftlichen Realitäten klar im Blick. Das zeigt sich insbesondere beim wichtigsten Thema der Vollversammlung - der andauernden Herausforderung der Flüchtlingskrise.

Hierzu führen die Bischöfe am Mittwoch einen eigenen Studientag durch. Unter dem Leitmotiv "Kultur der Aufnahme und der Solidarität - die Herausforderungen durch Flüchtlinge und Migranten" wollen sie sich im Spannungsfeld der beiden vielzitierten Schlagwörter "Willkommenskultur" und "Obergrenze" ein realistisches Bild der aktuellen Herausforderungen machen. Damit nimmt die Flüchtlingskrise in Schöntal ähnlich viel Raum ein wie bei der Vollversammlung im September vergangenen Jahres in Fulda.

Herkulesaufgabe voller Herausforderungen

Damals hatten sich die Bischöfe intensiv mit Experten aus der Flüchtlingsarbeit, kommunalen Vertretern sowie ehrenamtlichen Helfern ausgetauscht und auf diese Weise Einblick in die Flüchtlingsarbeit vor Ort und die konkreten Probleme bekommen. Zudem wurde in Fulda mit dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße ein "Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen" ernannt und ein "Wort der deutschen Bischöfe zur Hilfe für die Flüchtlinge" veröffentlicht. Darin brachten die Bischöfe gegenüber den tausenden haupt- und ehrenamtlichen Helfern ihren Dank für die Arbeit mit den Flüchtlingen zum Ausdruck und riefen zu weiterem Engagement auf: "Wir bitten Sie: Bleiben Sie engagiert."

Stichwort: Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss aller katholischen Bischöfe in Deutschland. Aufgabe der Konferenz sind das Studium und die Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, die gegenseitige Beratung, die notwendige Koordinierung der kirchlichen Arbeit, der gemeinsame Erlass von Entscheidungen sowie die Pflege von Verbindungen zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Organ der Bischofskonferenz ist die zweimal jährlich tagende Vollversammlung. Weitere Organe sind der Ständige Rat, in dem jede Diözese durch den Bischof mit Sitz und Stimme vertreten ist, der Vorsitzende und die Bischöflichen Kommissionen.

In Schöntal wollen sich die Bischöfe dem gesellschaftlichen Mega-Thema nun aus verschiedenen Richtungen nähern. Mit Blick auf die politischen Herausforderungen der Flüchtlingskrise werden sich Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Fragen der Oberhirten stellen.

Beide Politiker sind keine Anhänger einer bedingungslosen Willkommens-Politik, vielmehr plädieren Herrmann und Scholz bereits seit Längerem für mehr Realismus in der Debatte um den Flüchtlingszuzug. Insofern zeigt die Auswahl dieser beiden Gesprächspartner: Auch wenn die Bischöfe weiterhin mit großer Mehrheit hinter der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehen, verschließen sie nicht die Augen vor den Herausforderungen dieser Herkulesaufgabe.

Die internationale Dimension der Flüchtlingskrise sollen in Schöntal Volker Türk vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und Kardinal Francesco Montenegro verdeutlichen. Montenegro ist Präsident der Caritas Italien und Erzbischof von Agrigent, wozu auch die "Flüchtlingsinsel" Lampedusa gehört. Er soll vor dem Hintergrund der Erfahrungen in seinem Erzbistum über die caritativen Herausforderungen im Umgang mit Flüchtlingen sprechen.

Bild: ©KNA

Bei ihrer Vollversammlung in Kloster Schöntal wollen die Bischöfe auch noch einmal auf ihren Ad-limina-Besuch im Vatikan zurückblicken.

Der Studientag soll, so ist aus der Bischofskonferenz zu hören, keine Betroffenheit inszenieren, sondern umfassend über den aktuellen Stand der Flüchtlingskrise informieren und Verständnis für die weltweiten Migrationsbewegungen, ihre Ursachen und Folgen fördern. Diese Tonalität soll sich auch in einem "Leitbild der katholischen Flüchtlingsarbeit" wiederspiegeln, das die Vollversammlung in Schöntal beschließen will. Das Leitbild soll - nach dem Bischofswort von Fulda - noch einmal die Notwendigkeit eines menschenwürdigen Umgangs mit den Flüchtlingen sowie die Bedeutung des kirchlichen Engagements in diesem Bereich betonen.

Rückblick auf den Ad-limina-Besuch

Neben dem großen Flüchtlings-Schwerpunkt werden die Bischöfe in Schöntal auch auf ihren Ad-limina-Besuch im Vatikan im November vergangenen Jahres zurückblicken. Allgemein, das war bereits in den vergangenen Wochen zu hören, sind die Bischöfe mit ihrem Besuch bei Papst Franziskus und den vatikanischen Behörden zufrieden. Interessant dürfte aber werden, wie die Vollversammlung mit der kritischen Bestandsaufnahme des Papstes mit Blick auf das kirchliche Leben in Deutschland umgeht. Immerhin hatte Franziskus zum Abschluss des Ad-limina-Besuchs eine "Erosion des katholischen Glaubens in Deutschland" beklagt.

Darüber hinaus werden die Bischöfe in Schöntal auch noch einmal über das Reformationsgedenken im kommenden Jahr sprechen. Weitere Themen der Tagung sind zudem eine Diskussion zum priesterlichen Dienst, das Selbstverständnis katholischer Schulen sowie der Stand der Vorbereitungen für den Weltjugendtag im Juli im polnischen Krakau.

Linktipp: "Lohnt einen Umweg"

Von Montag an treffen sich die katholischen Bischöfe zu ihrer traditionellen Frühjahrs-Vollversammlung erstmals im Kloster Schöntal. Die Abtei im Nordosten Baden-Württembergs gilt als eine der schönsten barocken Klosteranlagen Deutschlands - trotz ihrer etwas abseitigen Lage lohnt sich also ein Besuch. Katholisch.de stellt den Tagungsort der Bischöfe vor.
Von Steffen Zimmermann