Deutschland anders denken
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Keiner weiß, wie viele Menschen aus arabischen und afrikanischen Ländern in diesem Jahrzehnt nach Deutschland kommen werden. Da niemand die Absicht hat, eine Mauer zu errichten, dürfte die Zahl zwischen zwei und sechs Millionen liegen. Das ist vergleichbar mit der Menge der Ost-Vertriebenen, die nach 1945 in Westdeutschland - aber auch in der DDR - Zuflucht fanden. Rein numerisch und "unterbringungstechnisch" ist das also zu schaffen. Aber es wird Deutschland verändern.
Ein paar Prognosen aus den sozialen Netzwerken und aus Kneipengesprächen gefällig? Wir werden weniger über vegane Ernährung oder Gender-Mainstreaming diskutieren und wieder mehr über Cholera, Tuberkulose und Diphterie sprechen. Der Satz "Eine voll verschleierte Frau finde ich unerträglich" wird aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Zugleich wird sich die Zahl der arabischsprachigen Moscheegemeinden verzehnfachen. Das Fastenbrechen wird in einigen Bundesländern Feiertag, eine politische Kraft rechts von CDU/CSU wird sich bundesweit etablieren. Wie die meisten EU-Länder wird auch Deutschland wieder Grenzkontrollen einführen. Die Zahl der Diebstähle, Raubüberfälle Drogendelikte und Gewaltverbrechen wird spürbar ansteigen. Gewaltausbrüche zwischen Sunniten und Schiiten, Kurden und Türken, Syrern und Libanesen werden zunehmen. Tausende Kämpfer des "Islamischen Staats" werden ein Terror-Netzwerk aufbauen und eines Tages zuschlagen.
Nicht jede dieser Prognosen ist unsinnig. Manche werden vielleicht eintreten. Was ein Szenario mit solch rasanten Veränderungen für eine Kirche bedeutet, die ihre Rolle im wiedervereinigten Deutschland nach 25 Jahren noch nicht wirklich gefunden hat, ist eine spannende Frage. Die meisten Krisen bedeuten eine Chance, das gilt auch für die Flüchtlingskrise. Für die Kirche(n) könnte die Chance darin liegen, dass in Zeiten der Verunsicherung der Bedarf an Halt, Orientierung und Identitäts-Symbolen wächst.