Die Schmerzenstage der Kopten
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Der Tag beginnt mit der Palmenweihe in der Hauskapelle der Borromäerinnen an der Deutschen Schule in Kairo, wo ich mich derzeit befinde. Die deutsche Pfarrei gibt es seit 2014 nicht mehr – das katholische Deutschland muss ja sparen – aber es finden sich doch rund 20 Gläubige ein und feiern mit. Am späten Vormittag dann die Nachricht vom Bombenattentat in Tanta. Überall laufen die Fernseher, und langsam steigt die Anzahl der Toten. Bedrückung legt sich über die Christen im Land. Am Nachmittag dann der Bericht über den Anschlag in Alexandrien, auf einen Gottesdienst, bei dem der koptische Papst zugegen war. Die Polizisten haben ihre Pflicht getan, der Attentäter wurde am Eingang aufgehalten und dort zündete dann auch die Bombe. Am Abend sind es schon über 30 Todesopfer und die Zahl steigt immer noch.
Die muslimischen Freunde und Bekannten sind betreten. Sie, die immer so herzlich sind, wissen nicht recht, wie sie ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen sollen. Das Attentat gilt den Christen. Aber es ist auch ein Anschlag auf das gute Miteinander, das im Großteil des Landes herrscht. Muslime und Christen sind Ägypter und wollen sich nicht auseinanderdividieren lassen. Den Radikalen ist das ein Dorn im Auge – sie wollen die Spannung anheizen, damit das Miteinander unerträglich wird.
Für die Kopten reiht sich dieser Tag ein in die lange Reihe von Schmerzenstagen der jüngeren Vergangenheit. In ihren Augen sind die Toten Märtyrer, und dieses Wort behält hier seinen christlichen Sinn: sie verstehen sich als Opfer - bei allem Schmerz bleibt der Rachegedanke fern. Auch das deeskaliert und vermasselt den Plan der Attentäter.
Wir Benediktiner gehen zur Abendvigil in die Pfarrei. Die Christen freuen sich, mehr noch als sonst, den Ordenshabit und das Kreuz auf der Straße zu sehen.
Am nächsten Morgen kommt dann die Botschaft aus Rom. Papst Franziskus denkt nicht daran, seine Ägyptenreise in zwei Wochen abzusagen. Die Karwoche steht heuer im Zeichen von Martyrium und stiller Widerstandsbereitschaft, angereichert mit etwas Trotz.