Ein gefährliches Spiel
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Man kann es Realpolitik nennen. Oder pure Verzweiflung. In jedem Fall aber ist es ein gefährliches Spiel, das Bundeskanzlerin Angela Merkel derzeit mit Blick auf die Türkei spielt. Die Kanzlerin hat sich und ihre Politik in der Flüchtlingskrise in eine fatale Abhängigkeit von dem Bosporus-Staat begeben. Die Türkei, so scheint es derzeit, ist Merkels letzte Hoffnung, die Flüchtlingszahlen in Europa in absehbarer Zeit zu reduzieren. Während die Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik hierzulande immer lauter wird und eine europäische Lösung reines Wunschdenken ist, klammert sich Merkel an die Türkei wie an einen letzten Strohhalm.
Diese Abhängigkeit von den Herrschenden in Ankara ist hochproblematisch. Denn die Türkei des Jahres 2016 ist längst nicht mehr die hoffnungsvoll aufstrebende Demokratie, der noch vor wenigen Jahren eine künftige Schlüsselrolle beim Dialog zwischen dem christlich geprägten Europa und den muslimischen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens zugedacht worden war.
Stattdessen scheint die Türkei mit hohem Tempo auf einen Abgrund zuzufahren. Vor allem Präsident Recep Tayyip Erdogan schwankt Putin-gleich zwischen Größen- und Verfolgungswahn. Der einst als Hoffnungsträger gestartete Politiker hat sich längst zu einem selbstherrlichen Sultan gewandelt und maßgeblich zur Spaltung der türkischen Gesellschaft beigetragen. Hinzu kommen die fragwürdige Rolle der Türkei im Syrien-Krieg, das unerbittliche Vorgehen gehen die Kurden und die Terroranschläge, die das Land in letzter Zeit erschüttert haben - zuletzt am Mittwochabend in Ankara mit mindestens 28 Toten.
Keine Frage: Die Türkei taumelt - und ausgerechnet in dieser Phase setzt Merkel ihre Hoffnungen in das Land und lockt mit drei Milliarden Euro aus Brüssel und einer Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union. Dies ist das falsche Signal zur falschen Zeit. Erdogan und Co. dürfen für ihre Politik, die unseren westlichen Werten mehr und mehr widerspricht, nicht auch noch belohnt werden.