Standpunkt

Neue Hoffnung für Tausende Patienten

Veröffentlicht am 11.09.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Steffen Zimmermann über die Widerspruchslösung bei Organspenden

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Es ist eine Zahl, die traurig macht: Jeden Tag sterben in Deutschland im Schnitt drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten haben. Neben organisatorischen Mängeln in den Krankenhäusern ist daran vor allem die immer noch mangelhafte Bereitschaft der Deutschen Schuld, ihre Organe nach dem eigenen Tod anderen Menschen zu spenden. Obwohl jeder hofft, im Fall des Falles selbst rechtzeitig ein Spenderorgan zu bekommen, wollen leider immer noch viel zu wenige Menschen die eigenen Organe zur Verfügung stellen.

Zwar hat sich die Zahl der Bundesbürger mit einem Spenderausweis trotz des 2012 ans Licht gekommenen Organspendeskandals in den vergangenen sechs Jahren von 22 auf 36 Prozent erhöht – doch das ist bei Weitem nicht genug. Um die Dimensionen deutlich zu machen: Derzeit warten in Deutschland mehr als 10.000 Menschen auf eine Organspende, im vergangenen Jahr wurden bundesweit aber nur 797 Organe transplantiert. Wenn sich nicht bald Grundlegendes ändert, werden die meisten Patienten also vergeblich auf ein lebensrettendes Organ warten.

Vor diesem Hintergrund halte ich die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor einigen Tagen wieder einmal ins Gespräch gebrachte "doppelte Widerspruchslösung" für den notwendigen und richtigen Weg. Die Lösung sieht vor, dass jeder Mensch automatisch Organspender ist, so lange er oder seine Angehörigen einer Entnahme der Organe nach dem Tod nicht ausdrücklich widersprechen. Die Widerspruchslösung, die es bereits in einigen europäischen Ländern gibt, böte die Chance, die Zahl der Spenderorgane endlich signifikant zu erhöhen und vielen Menschen, die verzweifelt auf ein Organ warten, wieder Hoffnung zu geben.

Natürlich: Der Druck auf jeden Einzelnen, sich mit dem Thema Organspende und der eigenen Haltung dazu auseinanderzusetzen, würde durch die Widerspruchslösung wachsen; jeder Bundesbürger wäre zu einer Entscheidung gezwungen. Von einer Pflicht zur Organspende, wie einige Medien zuletzt geschrieben haben, kann aber keine Rede sein – schließlich könnte jeder Bürger weiterhin "Nein" sagen. Und auch die Sorgen vor einer Ökonomisierung des menschlichen Körpers sind übertrieben. Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper bliebe auch bei der Widerspruchslösung unangetastet.

Fakt ist: Die Freiwilligkeit der Organspende, die auch im maßgeblichen Dokument der Deutschen Bischofskonferenz zu diesem Thema betont wird, funktioniert nicht gut genug. Deshalb wäre es im Sinne der Betroffenen dringend geboten, mit der Widerspruchslösung einen neuen Weg zu gehen. Und mal ehrlich: Wäre es wirklich zu viel verlangt, irgendwann im Leben einmal "Nein" zu sagen, wenn man seine Organe nicht spenden möchte?

Von Steffen Zimmermann

Der Autor

Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.