Vergelt's Gott, Herr Kardinal!
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Nun ist es also tatsächlich amtlich: Nach schier unglaublichen 11.916 Tagen im Amt ist Kardinal Karl Lehmann nicht mehr Bischof von Mainz. Wie erwartet nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch Lehmanns an dessen heutigen 80. Geburtstag an. Lehmann ist damit offiziell im Ruhestand, im Bistum Mainz hat die Zeit der Sedisvakanz begonnen.
Überraschend kam die Entscheidung von Franziskus nicht. Immerhin müssen Bischöfe dem Papst gemäß den Bestimmungen des Kirchenrechts mit 75 Jahren ihren Rücktritt anbieten. Zwar lässt der Papst Kardinäle meist noch ein bisschen länger im Amt, in der Regel ist aber auch für die Purpurträger spätestens mit 80 Jahren Schluss. Insofern gab es ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich auf den heutigen Tag und das Ende der Ära Lehmann in Mainz vorzubereiten.
Doch ich bekenne: Ganz gelungen ist mir das nicht. Eine Kirche ohne Karl Lehmann - das ist für mich im Augenblick noch nicht vorstellbar. Im Gegenteil: Der Rücktritt des Kardinals, so erwartbar er am heutigen Tag war, lässt Wehmut in mir aufkommen. Für die katholische Kirche bedeutet sein Abgang aus der ersten Reihe eine traurige Zäsur.
Seit ich denken kann, war Karl Lehmann immer da. Als Bischof von Mainz sowieso, von 1987 bis 2008 aber auch als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Damit war er auch für mich - aufgewachsen im Bistum Münster und später studierend in München - früh präsent. Von Anfang an hat mich dieser Mann tief beeindruckt: Seine große Menschenfreundlichkeit, sein glaubwürdiger Einsatz für die Ökumene, sein beeindruckendes theologisches Wissen - und nicht zuletzt sein herzliches Lachen. Lehmann war, wie es in den vergangenen Tagen vielfach zu lesen und zu hören war, ein wirklicher Glücksfall für die katholische Kirche in Deutschland.
2003 zog es mich im Rahmen meines Studiums von München weiter nach Mainz. Dort erlebte ich Lehmann noch unmittelbarer, und konnte sehr bald nur zu gut nachvollziehen, warum er für die meisten Mainzer nicht etwa "Der Herr Kardinal" oder "Die Eminenz" war, sondern ganz einfach "Unser Bischof" oder sogar "Unser Karl". Bei den Mainzern konnte man eine tiefe Verbundenheit zu ihrem Oberhirten spüren, die sich auch jetzt - in den Tagen des Abschieds vom Bischofsamt - in vielen Danksagungen und Würdigungen gezeigt hat.
Keine Frage: Mit Karl Lehmann - dem ich seinen Ruhestand gleichwohl von Herzen gönne - verlieren das Bistum Mainz und die katholische Kirche in Deutschland einen wahren Brückenbauer, der immer an der Seite der Gläubigen stand und im besten Sinne Orientierung gab. Dafür sage ich dankbar "Vergelt's Gott, Herr Kardinal!"