Feige: Gottesdienst-Lockerung nicht nur ein Pyrrhussieg?
Wenige Tage nach seiner auf katholisch.de geäußerten Kritik an der Lockerung der Gottesdienstverbote hat der Magdeburger Bischof Gerhard Feige erneut kritisch zu dem Thema Stellung bezogen. In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) kritisierte der Bischof am Montag die Bedingungen, unter denen Gottesdienste vielerorts nun wieder erlaubt sind, als ausgrenzend. "Nur eine geringe Zahl von Gläubigen wird nach bestimmten Kriterien zugelassen. Nicht die Kranken und Schwachen dürfen kommen, sondern nur die Starken und Gesunden", sagte Feige. Er frage sich, ob das nicht ein Pyrrhussieg sei. "Was staatlich nun unter restriktiven Bedingungen ermöglicht wird, muss kirchlicherseits nicht unbedingt Jubel auslösen und wirklich dem Heil dienen."
"Wenn wir als Kirche selbst jetzt auch noch eine große Zahl von Gläubigen aus unseren Gottesdiensten ausschließen und mit nur wenigen so sonderbar Liturgie feiern, braucht man sich nicht zu wundern, wenn wir allmählich in Gefahr geraten zu 'versekten'", sagte der Bischof weiter. Mit Blick auf Menschen, die an einem Gottesdienst unter Auflagen teilnähmen und es positiv empfänden, betonte Feige, dass er natürlich persönliche Gottesdiensterfahrungen respektiere: "Ich muss jedoch auch die im Blick haben, die dabei ausgeschlossen sind, und diejenigen, die mit einer solchen Form überhaupt nichts anfangen können. Gerecht ist so etwas auf jeden Fall nicht. Und dabei geht es ja nicht nur um die individuelle Frömmigkeit, sondern auch darum, woraus und wofür Kirche lebt und wie sie in Erscheinung tritt."
Feige: Viele Reaktionen auf Gastbeitrag bei katholisch.de
Ferner kritisierte Feige: "Die Gestalt und Art der liturgischen Feier, wie sie sich aus den entsprechenden Schutzkonzepten erschließt, mutet sehr sonderbar an." Ihn erinnere manches an die vorkonziliare Form der Messe, bei der es keine wirkliche Beteiligung der Gottesdienstbesucher gegeben habe. "Kommt es bei einer Eucharistiefeier nicht auf mehr an, als nur auf den rituellen Vollzug und ein objektives Heilsgeschehen?", so der Bischof. "Und was ist mit der Kommunion? Egal ob mit Desinfektionsmittel, Handschuh oder Zange, bei keiner dieser fragwürdigen Methoden ist eine Ansteckungsgefahr völlig auszuschließen."
Mit Blick auf seinen Gastbeitrag bei katholisch.de betonte Feige, dass er noch nie zuvor auf eine Äußerung so viele Reaktionen bekommen habe – "aus dem eigenen Bistum, aus ganz Deutschland und darüber hinaus". Die meisten Rückmeldungen seien zustimmend gewesen, einige sogar sehr bewegend und ermutigend. "Offensichtlich war und ist durch mich ein Nerv getroffen worden. Nur wenige haben mich – so jedenfalls meine Wahrnehmung, die auf manche digitalen Medien verzichtet – angegriffen oder sind sogar unter die Gürtellinie geraten, ihrer eigenen Deutung nach besonders überzeugte Katholiken", betonte Feige.
Haltung des Bistums Magdeburg zu öffentlichen Gottesdiensten noch offen
In seinem Beitrag hatte Feige die Debatte um eine Lockerung des im Zuge der Corona-Pandemie erlassenen Gottesdienstverbots kritisiert. "Wenn seitens der Kirchen nunmehr der Druck auf den Staat erhöht wird, dass baldmöglichst wieder Gottesdienste nicht nur per Radio, Fernsehen und Livestream mitgefeiert werden können, frage ich mich natürlich, ob das in der den aktuellen gesetzlichen Vorschriften anzupassenden Form tatsächlich den Glauben fördert oder eher zum Krampf wird", so Feige. Er könne sich kaum vorstellen, wie Gottesdienste mit Zugangsbegrenzung, Anwesenheitsliste, Abstandswahrung, Mundschutz, Handschuhen, einem Desinfektionsritus vor der Gabenbereitung und der Austeilung der Kommunion mittels einer – noch zu erfindenden – liturgischen Zange gottgefällig und heilsdienlich sein sollten. Ihn irritiere zunehmend der Unmut, den manche Gläubige und Verantwortungsträger "inzwischen wehleidig oder kämpferisch" zum Ausdruck brächten.
Ob im Bistum Magdeburg nach Ende des Gottesdienstverbots weiter auf öffentliche Messen verzichtet wird, ließ Feige am Montag offen: "Darüber werden wir im Ordinariatsrat in den nächsten Tagen noch sprechen. Wie ich dann entscheide, mache ich auch davon abhängig. Dabei werde ich meine Bedenken nicht zurückhalten, zumal es an verschiedenen Orten unseres Bistums gar nicht möglich erscheint, die erforderten Hygiene-Auflagen umzusetzen." (stz)