Dernbacher Provinzoberin verarbeitet in Büchern auch eigene Geschichten

Schwester Theresia Winkelhöfer ist Ordensfrau – und schreibt Romane

Veröffentlicht am 25.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Dernbach ‐ "Echte Nonnen dürfen das": So lautet ein Buchtitel von Schwester Theresia Winkelhöfer. Einige Romane hat die Provinzoberin der Dernbacher Schwestern bisher schon herausgebracht. Mit Erfolg. In einem ihrer Bücher verarbeitet sie auch ihre eigene Erkrankung.

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"Manche davon sind sogar schon vergriffen", sagt Schwester Theresia Winkelhöfer und legt einen Stapel Bücher auf den Tisch, die alle von ihr geschrieben sind. Elf Bücher hat die Dernbacher Schwester und Autorin bisher schon herausgebracht. 

Auf den Büchern steht allerdings der Autorename Nicole Winkelhöfer. "Das ist mein Mädchenname", erklärt die Ordensfrau. "Ich dachte, wenn ich den für meine Bücher verwende, mache ich damit meinen Eltern eine Freude, die damals nicht so begeistert davon waren, als ich ins Kloster gegangen bin", so die 63-Jährige. Außerdem wollte sie als Ordensfrau dadurch anonym bleiben. Doch es kam anders. "Da war ich etwas zu naiv", lacht Schwester Theresia. Inzwischen hat sich um die Ordensfrau ein großer Fankreis gebildet, sie gibt Lesungen und signiert ihre Bücher. 

Wir treffen uns im Besprechungsraum des Klosters in Dernbach, im Mutterhaus der Armen Dienstmägde Jesu Christi. Hier lebt und arbeitet Schwester Theresia Winkelhöfer. Seit sechs Jahren ist sie die Provinzoberin der Gemeinschaft in Deutschland, zu der rund 130 Ordensfrauen gehören. Das Schreiben "geschieht ausschließlich im Urlaub", betont Schwester Theresia. Mit einer Ausnahme: Sie hat auch ein Buch über die Ordensgründerin Katharina Kasper als Auftragsarbeit im Kloster geschrieben. Das Buch dazu ist rechtzeitig zu deren Heiligsprechung im Jahr 2018 erschienen. 

Ein Buchtitel von dem Stapel fällt gleich ins Auge. Er lautet: "Nicht alle Nonnen dürfen das, sagt Theresa." Es ist ein Zitat der heiligen Theresa, das sie zu dem Buch inspirierte, erklärt die Autorin. In dem Buch geht es aber nicht um eine Liebesgeschichte, sondern um eine Freundschaft, stellt Schwester Theresia klar. Ein Kaplan verliebt sich in seine Pfarramtssekretärin und will deshalb sogar seinen Beruf aufgeben. "Die beiden ringen um ihre Freundschaft, es wird kompliziert." Doch die Geschichte geht gut aus, verrät die Ordensfrau. Es sei halt eine typische Situation, die sie aus ihrem Umfeld schon mehrfach so mitbekommen habe. Daher wollte die Dernbacher Provinzoberin schon immer gerne einmal so eine ähnliche Geschichte aufschreiben, mit all den Überlegungen, die dazu gehören. Im Übrigen findet Schwester Theresia es schade, wenn Priesterberufe oder andere geistliche Berufungen im Laufe eines Lebens kaputt gehen. Sie selbst sei mit ihrer Entscheidung, in einem Kloster zu leben, bis heute sehr glücklich. Sie war in ihrer Klosterzeit auch nie ernsthaft verliebt. Schwester Theresia kennt aber eine Mitschwester, die heute über 80 Jahre alt ist, die sich einmal in einen Mann verliebt hatte. "Sie blieb ihrer Berufung treu", berichtet sie. 

Bild: ©katholisch.de/ msp

In ihrem neuesten Buch geht es um eine Frau, die sich zum Geburtstag einen Mann wünscht. Den bekommt sie dann auch, verrät Schwester Theresia Winkelhöfer. "Auch Zufall ist ein Wunder" ist im Bernardusverlag erschienen.

Theresia Winkelhöfer ist in Limburg aufgewachsen. Den Orden der Dernbacher Schwestern lernte sie während ihrer Schulzeit kennen. Nach dem Abitur wusste sie, dass dort ihr Platz sein könnte. Ihre Eltern taten sich jedoch anfangs schwer mit ihrer Entscheidung. "Als dann noch mein Bruder bei einem Unfall tödlich verunglückte, zögerte ich noch", sagt die 63-Jährige. Schon mit 21 Jahren trat Theresia Winkelhöfer dann ins Kloster der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach ein. Der Orden ist international tätig, engagiert sich zum Beispiel für Kinder, Frauen und Familien in Mexiko, Kenia oder in Indien.

Bei ihrem Eintritt in die Klostergemeinschaft hätte Schwester Theresia gerne eine journalistische Ausbildung gemacht. Das war damals aber noch nicht möglich, so Winkelhöfer. Doch der Orden brauchte eine Lehrerin. Daher studierte sie auf Lehramt und unterrichtete später Deutsch, Religion und Englisch in der ordenseigenen Schule in Limburg. Während des Noviziats begann die Ordensfrau bald schon kleinere Sprechstücke zu schreiben. Diese wurden als "Sprachspiele" im Kloster aufgeführt. "Das Schreiben war schon immer meines", sagt Schwester Theresia. Sie findet außerdem, dass sie durch das Erzählen von Geschichten viel vom christlichen Glauben vermitteln könne. Die Idee zu ihrem ersten Roman entstand mehr aus Zufall. Damals arbeitete sie als Lehrerin in der Nähe von Limburg und kam auf dem Weg zur Schule immer an einem alten, verfallenen Haus vorbei. "Das war mit Efeu verwachsen und sah richtig verwunschen aus", weiß die Ordensfrau noch. Damals überlegte sie, was für eine Geschichte sich hinter dem Haus verbergen könnte. Als sie dann während eines Urlaubs in Irland in einer Tageszeitung einen Bericht über eine vermisste Schauspielerin las, "schrieb ich einfach drauf los", berichtet Schwester Theresia. Als sie dann Auszüge ihres Manuskriptes bei einem evangelischen Verlag einreichte, wurden die sofort angenommen und das Buch ein Erfolg. Der Roman "Irischer Sommer" erschien sogar in drei Auflagen, erwähnt die Dernbacher Provinzoberin nicht ohne Stolz.

"Es ist ein Stück weit auch meine Geschichte"

Bald erschienen in regelmäßigen Abständen weitere Bücher von Schwester Theresia Winkelhöfer. Die meisten Handlungen und Personen darin sind frei erfunden. Manche Bezüge sind jedoch durchaus biografisch. So etwa schreibt die Ordensfrau in ihrem Buch "Tage unter weitem Himmel“ über eine Frau, die an Multipler Sklerose erkrankt ist. "Es ist ein Stück weit auch meine Geschichte", so die Autorin, die ebenfalls daran erkrankt ist. Bei einem Urlaub auf der Nordseeinsel Borkum fiel ihr der Plot zu dem Buch ein. Dort hatte sie eine anrührende Begegnung mit einer Frau, die im Rollstuhl saß. Mit diesem Buch möchte die Schriftstellerin und Ordensfrau Winkelhöfer anderen Menschen Mut machen, einen Sinn hinter dem Leiden zu finden. Sie selbst komme mit ihrer Krankheit gut zurecht, habe kaum Einschränkungen. "Ich kann trotzdem ein sinnerfülltes Leben führen", so die Ordensfrau. Mit dem Herrgott schimpfe sie deswegen nicht. Ihr größtes Werk bisher ist der "Der Ruf des Adlers". Fast 15 Jahre hat die Dernbacher Schwester an diesem Roman gearbeitet. Darin beschreibt sie die Lebensgeschichte einer jungen Frau, die in den 1930er Jahren aus dem Nazi-Deutschland nach Amerika flieht und sich dort einen Traum erfüllt und Schauspielerin wird.

Bild: ©katholisch.de/ msp

Provinzoberin Theresia Winkelhöfer ist Lehrerin für Deutsch, Religion, Englisch und in der Gemeinschaft der Dernbacher Schwestern verantwortlich für die ordenseigene Zeitschrift.

Dann zieht Schwester Theresia ein Buch aus dem Stapel und liest daraus vor. Es ist ihr neuestes Buch und heißt "Auch Zufall ist ein Wunder". Darin geht es um eine Frau, die sich zum Geburtstag von ihrer Freundin spaßeshalber einen Mann wünscht. "Den bekommt sie dann auch", lacht Schwester Theresia, "nur anders als erwartet". Diese Geschichte sei aber keine Schmonzette, so die Dernbacher Provinzoberin, "sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Werten wie Nächstenliebe und Treue". Mehr verrät die Ordensfrau nicht über das Buch. Schließlich soll es ja noch gut im Bernardusverlag verkauft werden. 

Schwester Theresia Winkelhöfer ist es wichtig, dass man erkennt, wer hinter ihren Büchern steckt. "Nämlich eine echte Ordensfrau", lacht sie. Daher bezieht sie in ihren Büchern deutlich Position etwa gegen Abtreibung oder Sterbehilfe. Alles keine einfachen Themen. Kirchenkritische Texte schreibe sie keine. Außerdem hätten ihre Protagonisten recht wenig mit Kirche am Hut.

Für ihre Bücher bekommt die Dernbacher Provinzoberin kein Honorar. Das war nur anfangs so bei ihren ersten Veröffentlichungen in einem anderen Verlag, erklärt Schwester Theresia. Heute kauft sie ihre Bücher zum Autorenpreis beim Verlag ein und verkauft sie dann zum regulären Preis weiter. "Das klappt ganz gut". Die Ordensfrau mag es, wenn ihre Mitschwestern sie auf ihre Bücher ansprechen und auch mal laut überlegen, welche "echte" Personen hinter den literarischen Figuren stecken können. Sie überlasse es jedem selbst, was er aus ihren Büchern für sich selbst mitnehme. Ihr tue das Schreiben gut und manchmal sei es für sie wie ein Gebet. Einzelne Ideen nehme sie sogar mit in den Gottesdienst und denke dann dort darüber nach, wie eine Geschichte weitergehen könnte. Bei der Entwicklung der Charaktere oder Handlungen in ihren Büchern habe ihr früher meist eine befreundete Mitschwester geholfen. Der habe sie dann im Urlaub einzelne Textabschnitte vorgelesen. "Sie hat immer gleich gemerkt, wenn etwas gefehlt hat", berichtet Schwester Theresia. "Sie sagte dann immer zu mir: Da fällt dir schon noch etwas ein."

Erst vor kurzem ist diese Mitschwester gestorben. Das war ein trauriger Einschnitt für Schwester Theresia. Momentan weiß sie daher nicht, ob sie noch weitere Bücher schreiben wird. Im Speisesaal des Klosters sitzen zwei Ordensfrauen. Die eine im Habit, die andere im Wollpulli und Rock. "Uns ist es im Kloster freigestellt, ob wir das Ordenskleid tragen oder nicht", erklärt die Dernbacher Provinzoberin. Sie selbst trägt ihren schwarzen Habit gerne. "Warum soll ich den ablegen?", fragt sie nachdenklich. Vielleicht wäre das schon ein neuer Buchtitel? Das legt sie jetzt in Gottes Hände, lacht die Ordensfrau und winkt zum Abschied. 

Von Madeleine Spendier