Ignatius von Loyola: Vom Frauenhelden zum Geistlichen
Kanonenkugeln haben für gewöhnlich stark zerstörende Wirkung. Sie sollen Mauern sprengen, Feinde zurückdrängen, Leben vernichten. Manchmal aber kann eine Kanonenkugel auch positiv auf ein Menschenleben wirken - wie vor vielen hundert Jahren im Fall des 30-jährigen Spaniers Ignatius von Loyola (1491-1556).
Zwar wird der Ritter im Mai 1521 bei der Verteidigung der nordspanischen Stadt Pamplona gegen die Franzosen von einem Geschoss getroffen und schwer verletzt. Jedoch: Während seiner Genesung auf dem elterlichen Schloss wendet sich der eitle und ruhmsüchtige Lebemann - zunächst wohl mehr aus Langeweile - religiösen Schriften und Heiligenlegenden zu. So liest er der Überlieferung nach unter anderem die "Vita Christi" des Kartäusers Ludolf von Sachsen, die ihn tief beeindruckt.
Nach seiner Genesung zieht sich Ignatius deshalb in das Kloster Montserrat unweit von Barcelona zurück, wo er eine - angeblich drei Tage andauernde - Lebensbeichte ablegt. Anschließend begibt sich der geläuterte Frauenheld, Glücksspieler und Waffennarr als Büßer in die Einsamkeit der nahe gelegenen Stadt Manresa. Dort setzt er sich über mehrere Monate hinweg äußerster Armut aus, verharrt im ständigen Gebet und kasteit sich in beinahe selbstmörderischer Askese.
Frucht dieses beeindruckenden Entwicklungsprozesses sind unter anderem die "Geistlichen Übungen" - ein heute weltbekanntes Exerzitienbüchlein. "Omnia ad maiorem Dei gloriam" ("Alles zur größeren Ehre Gottes") - dieser Leitsatz wird bestimmend für sein Wirken in den kommenden Jahrzehnten.
Gelübde auf dem Montmartre
Im Anschluss an eine Pilgerfahrt nach Jerusalem (1523/1524) beginnt Ignatius an der Universität von Alcalá de Henares ein Studium der Philosophie und Theologie. Wegen Auseinandersetzungen mit der Inquisition muss er in den folgenden Jahren zweimal die Hochschule wechseln – zunächst nach Salamanca, 1528 nach Paris.
In der französischen Hauptstadt legt Ignatius den Grundstein für den Jesuitenorden. Hier schließt er sich mit sechs Kommilitonen zu jener Gemeinschaft zusammen, die am 15. August 1534 auf dem Montmartre das Gelübde der lebenslangen Armut und Keuschheit ablegt – dieses Ereignis gilt heute als Gründungsdatum des Ordens. Am 27. September 1540 bestätigt Papst Paul III. die neue Gemeinschaft, die sich nun "Societas Jesu" (Gesellschaft Jesu) nennt und sich neben Armut und Keuschheit zu radikalem Gehorsam gegenüber dem Kirchenoberhaupt verpflichtet.
Gedenktag: 31. Juli
Patron der Exerzitien und Exerzitienhäuser; der Kinder, Schwangeren und Soldaten; gegen Fieber, Zauberei, Gewissensbisse, Skrupel, schwere Geburt, Viehkrankheiten, Pest und CholeraDer neue Orden sorgt schnell für Aufsehen: Statt ein zurückgezogenes Leben hinter Klostermauern zu führen, wenden sich die Jesuiten der Welt zu. Wichtigste Betätigungsfelder werden die Bereiche Mission, Bildung sowie der apostolische Dienst. Während der Gegenreformation wird die Gemeinschaft mit ihren ambitionierten Missionszielen zu einer der schärfsten Waffen der schwer angeschlagenen katholischen Kirche.
Größte Ordensgemeinschaft der Kirche
Ignatius steht bis zu seinem Tod an der Spitze der von ihm gegründeten Gemeinschaft und führt sie dank seines Organisationstalents zu rascher Blüte. Als er am 31. Juli 1556 stirbt, zählt der Orden bereits mehr als 1.000 Mitglieder und über 100 Niederlassungen. Heute ist sie mit weltweit rund 18.000 Mitgliedern die größte Ordensgemeinschaft in der katholischen Kirche – und das, obwohl sie zwischen 1773 und 1814 aufgelöst war.
Bereits 1622 wird Ignatius von Papst Gregor XV. heiliggesprochen. Zu diesem Anlass wurde in Rom die Kirche Sant'Ignazio di Loyola errichtet, die noch heute eines der sehenswertesten Gotteshäuser der Stadt ist. In der Kirche Il Gesù, der Mutterkirche des Jesuitenordens, fand der Ordensgründer seine letzte Ruhestätte. Das Grab mit den Gebeinen befindet sich unter einem Prunkaltar des Künstlers Andrea del Pozzo.