"Zweckbündnis rechter Rattenfänger"
Vertreter der katholischen Kirche verurteilen das Auftreten der Randalierer. Nach Angaben von Verfassungsschützern handelte es sich um eine Gruppe aus unterschiedlichen Strömungen: Hooligans mit Überschneidungen zur rechten Szene und gewaltbereite Fußball-Fans. Hinzugekommen seien gewaltbereite Rechtsextremisten diverser Parteien, der Musikszene und Skinheads, sagte der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier.
Mechthild Geue von der katholischen Friedensbewegung Pax Christi Köln zeigt sich im Gespräch mit katholisch.de "sehr entsetzt, dass solche Ausschreitungen in Köln möglich sind". Die Randalierer sind für sie Menschen, die die Gräueltaten des "Islamischen Staats" (IS) benutzten, um in Deutschland Hass gegen Ausländer zu schüren, "gegen bedürftige Menschen". Für Andreas Belz, einer der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, handelt es sich um ein "Zweckbündnis rechter Rattenfänger", die in Köln aufgetreten waren.
NRW will solche Treffen in Zukunft verbieten
Ganz neu sei dieses Phänomen aber nicht, sagt er katholisch.de. Es gebe immer wieder Überschneidungen bei der ideologischen Weltsicht von manchen Hooligans und von Anhängern rechter Parteien. Belz, der innerhalb der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft den Bund der Deutschen Katholischen Jugend vertritt, nennt auch einen Grund für die Eskalation am Sonntag in Köln. Bisher seien rechte Kundgebungen meist von einer Partei oder einer vergleichbaren Gruppierung organisiert worden, die offensichtlich unter einer anderen Beobachtung stand als diese relativ lose Struktur von Hooligans. Bei dem Zusammenschluss am Sonntag habe man aus der Anonymität heraus handeln können, ohne Konsequenzen zu fürchten. "Denn wer sind denn die Hooligans?", fragt Belz.
Damit sich ähnliche Vorfälle nicht wiederholten, sei es wichtig, dass die gewaltbereite Szene keine Morgenluft wittere. Belz schlägt vor, die Genehmigung solcher Demonstrationen zukünftig mit bestimmten Auflagen zu belegen, sodass sie für die Veranstalter uninteressant würden. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte am Montag an, noch weiter zugehen: Die nordrhein-westfälische Landesregierung wolle ähnliche Treffen gerichtlich verbieten lassen, sagte er. "Ich halte das für einen Missbrauch der Versammlungsfreiheit. Das war keine politische Demonstration, da wurde eine Plattform für Gewalt geschaffen."
Es sind nicht bloß Krawallmacher
Bernd Wagner vom Exit-Programm für Aussteiger aus der rechtsextremen Szene hält die Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" für ein gefährliches Sammelbecken. Da der Szene klar geworden sei, dass sie in Deutschland mit Ausländerfeindlichkeit nicht punkten könne, habe sie sich auf die Salafisten verlegt, vor denen Sicherheitsbehörden zu Recht als terrorgefährlich warnten, erklärte er. Die Organisatoren hinter der Kölner Demonstration und das "Gros des Feldes" agiere ideologisch motiviert - also vor allem islam- und ausländerfeindlich. Es sei zu kurz gedacht, wenn man bloß von Krawallmachern spreche, betont Wagner.
Auch Geue von Pax Christi Köln ist der Meinung, dass die Demonstranten Ängste vor Terroristen für ihre Zwecke nutzen wollten. Sie kenne viele Muslime, die über die IS-Taten entsetzt seien und berichtet von einem interreligiösen Friedensweg gegen Gewalt im Spätsommer in Köln. Es sei geplant, diese Prozession zu wiederholen. Geue wünscht sich viele Teilnehmer, die ein Zeichen setzten gegen die Gewaltbereitschaft und die Gleichgültigkeit: "Wie viel wäre erreicht, wenn die großen Zahlen an Menschen, die am Wochenende ins Stadion gehen, für die gute Sache eintreten und für Frieden, Menschenwürde und Gerechtigkeit demonstrieren würden?" (mit Material von dpa)
Von Agathe Lukassek