Eine heikle Debatte
Damit geht es vor allem um den richtigen Weg - und um die Frage, wie weit dieser von den Muslimen gegangen wird. Entsprechend positiv waren die ersten Reaktionen auf die österreichische Regelung . Diese strebt letztlich eine Abnabelung der Muslime vom traditionellen Islam ihrer Herkunftsregionen an. Umstritten ist dabei vor allem, dass Imame künftig in Österreich ausgebildet und ansässig sein müssen und die laufenden Kosten der Religionsgemeinschaft nicht mehr aus dem Ausland gedeckt werden dürfen.
Von Seiten deutscher Parteipolitiker kommen nun immer neue Forderungen, Wünsche und Empfehlungen - mitunter kontrovers selbst in den eigenen Reihen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hält es für eine "Selbstverständlichkeit", dass jemand, der in Deutschland tätig sei, auch Deutsch spricht. Eine Regelung wie in Österreich könne Klärungen herbeiführen. Klarheit will er aber vor allem in der Frage, warum noch immer im Namen Allahs Menschen verfolgt, drangsaliert und getötet werden. Diese Grundsatzfrage an die islamische Geistlichkeit steht spätestens seit den Attentaten von Paris auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Raum. Denn sie betrifft den Kern einer Vereinbarkeit von Islam, Menschenrechten und Demokratie.
Burka als intolerantes Frauenbild
Für Unions-Vize Julia Klöckner (CDU) entscheidet sich dies auch an der Burka: Muslime gehörten zwar zu Deutschland, "aber deshalb müssen wir nicht das intolerante Frauenbild von Extremisten als Bereicherung der kulturellen Vielfalt dulden", so die Unionspolitikerin. Lammert sieht aber bei der Forderung nach einem Verbot Umsetzungsschwierigkeiten. Die Grünen zeigen sich ebenfalls skeptisch. Ein Verbot würde die sozialen Kontakte der Frauen nur noch weiter einschränken, so Grünen-Chef Cem Özdemir. Mit einer Deutschpflicht für Imame zeigt er Sympathien, will aber "keine Sprachpolizei".
In einem Thesenpapier versuchten nun Christdemokraten um den CDU-Vize Jens Spahn eine Abgrenzung zwischen einem "Islam mitteleuropäischer Prägung" und einem traditionalistischen Islam. Dabei stießen sie an die Grenzen der Politik: Sie könne nicht den Islam reformieren. Gefragt seien die muslimischen Verbände, Vereine und Gemeinden. Diese melden sich derzeit kaum zur Wort, und wenn, dann eher allgemein. Das Problem: Die meisten wurden gegründet, gerade um Tradition und Kultur in der neuen Umgebung zu erhalten. Nicht wenige werden aus Saudi-Arabien und vor allem der Türkei gesponsert und stehen in direkter Abhängigkeit.
Wunsch nach islamischer Gemeinschaft
Der Staat wünscht sich vor allem ein institutionelles Gegenüber wie bei den Kirchen oder der jüdischen Gemeinschaft. Bislang waren aber nur sehr wenige islamische Gemeinschaften bereit, die geforderten Voraussetzungen zu erfüllen. So versuchen Bund und Länder über die Islamkonferenz, Staatsverträge oder direkte Vereinbarungen praktische Fragen zu lösen.
Für den rechtspolitischen Sprecher der Grünen, Volker Beck, liegt in der Anerkennung des Religionsverfassungsrechts die dringlichste Aufgabe: "Islamische Religionsgemeinschaften können die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes erhalten, wenn sie sich bekenntnisförmig organisieren." Ein Sonderrecht für den Islam nach österreichischem Modell lehnt Beck ebenso ab wie eine Verfassungsänderung. Auch der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) fordert eine solche "Verfasstheit des Islam". Dazu müssten sich die derzeit noch oft zerstrittenen Verbände der Muslime in inhaltlichen Fragen einig sein", so Schneider im Deutschlandradio Kultur, "sonst wird das Ganze sehr kompliziert".
Von Christoph Scholz (KNA)