Bischof Stephan Ackermann über Gegenwart und Zukunft des Priesterberufs

Aus Überzeugung

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:28 Uhr – Lesedauer: 
Stephan Ackermann ist Bischof im Bistum Trier.
Bild: © KNA

Selbstzweifel, die habe man manchmal, aber die Entscheidung für den Priesterberuf habe er nie bereut, sagt der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Vor 25 Jahren, am 10. Oktober 1987, wurde Ackermann in Rom zum Priester geweiht. Gefeiert wird das silberne Jubiläum am 11. November. Im Interview mit katholisch.de spricht Ackermann über den Weg zum Priestertum, erläutert, was es braucht, um wieder mehr Männer für den Beruf zu begeistern, und berichtet, was für ihn im Bischofsamt ein Wermutstropfen ist.

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Frage: Herr Bischof, vor 25 Jahren sind Sie zum Priester geweiht worden. Was hat Sie bewogen, diesen Weg zu gehen?

Ackermann: Ich bin in einem religiösen Elternhaus aufgewachsen, das in einer guten Selbstverständlichkeit katholisch war. Als Jugendlicher habe ich dann erfahren dürfen, dass Kirche ein Lebensraum ist, in dem ich mich entfalten kann. Wichtig war auch, dass der Pastor uns Jugendlichen das Zeichen gab: "Ich brauche euch hier im Leben unserer Pfarrgemeinde." Ebenso war ich schon immer von der Botschaft Jesu Christi, der Bibel und den gottesdienstlichen Feiern fasziniert. Und: Ich wollte einen Beruf zu ergreifen, der mich ganz in Beschlag nimmt und der nicht zwischen Schreibtischarbeit und "eigentlichem Leben" unterscheidet.

Frage: Haben Sie jemals an dieser Entscheidung gezweifelt?

Ackermann: Es hat nie einen Grundzweifel gegeben, auch bei allen Schwierigkeiten. Klar, zweifelt man manchmal an sich selbst. Aber ich halte die Entscheidung nach wie vor für richtig, weil die Botschaft Jesu so richtig ist.

Frage: Welche Rolle hat der Zölibat bei ihrer Entscheidung für den Priesterberuf gespielt?

Ackermann: Natürlich hat die Auseinandersetzung mit der priesterlichen Lebensform eine wichtige Rolle gespielt. Die Sexualität verschwindet ja nicht mit der Priesterweihe und man muss lernen, damit umzugehen und sich damit auseinanderzusetzen. Bei mir hat diese Frage aber nie zum Selbstzweifel geführt. Ich neige nicht zum Grüblerischen und mir war bei der Entscheidung klar, dass der Weg des Priestertums mich erfüllt.

„Nichts ist überzeugender als überzeugende Personen“

—  Zitat: Bischof Stephan Ackermann

Frage: Wie hat sich der Priesterberuf in diesem Vierteljahrhundert ihrer Ansicht nach verändert?

Ackermann: Die Grundaufgaben sind natürlich gleich geblieben: die Verkündigung, die Feier der Eucharistie, die Spendung der Sakramente sowie der Aufbau von Gemeinde. Allerdings ist die Aufgabe des Pfarrers heute stärker durch die Aufgabe der Leitung geprägt, besonders in großen pastoralen Einheiten. Dadurch besteht eine gewisse Gefahr, dass die anderen Grundaufgaben in den Hintergrund treten.

Frage: Sie können also Klagen von Priestern über zu viel Verwaltung im Amt nachvollziehen?

Ackermann: Das kann ich gut nachvollziehen, wobei Verwaltung nicht einfach die Frage von Buchführung und Papierkram ist. Es sind oft die Leitungsaufgaben, die viel mit Management zu tun haben, wenn es beispielsweise darum geht, Gemeinden zusammenzuführen, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen und Strukturen einzurichten, die ein großes Pfarrgebilde lebensfähig machen. Da braucht es Hilfestellungen für die Pfarrer.

Frage: Und diese kann man als Bischof leisten?

Ackermann: Wir versuchen auf der einen Seite, Pfarrer bei der Verwaltung im engen Sinn zu entlasten. Auf der anderen Seite haben wir im Bistum Trier einen Fortbildungsplan für Priester aufgelegt, damit sie sich besser in ihrer neuen Rolle zurechtfinden.

Zur Person

Am 10. Oktober 1987 hat Bischof Georg Moser Stephan Ackermann zum Priester geweiht - sein "silbernes Priesterjubiläum" feiert der Bischof von Trier am 11. November 2012. Bischof Stephan Ackermann ist Mitglied der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen und der Kommission Weltkirche sowie der Unterkommission für wissenschaftliche Aufgaben im weltkirchlichen Bereich der Deutschen Bischofskonferenz. Seit März 2008 ist er Vorsitzender der Deutschen Kommission "Justitia et Pax". Aufgabe ist die Förderung von Entwicklung, Menschenrechten und Frieden. Er ist zudem der besondere Beauftragte der Bischofskonferenz für alle Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich.

Frage: Bereuen Sie es, nun als Bischof zu weit entfernt von der seelsorgerischen Basis zu sein?

Ackermann: Seelsorglich gibt es in der Tat gewisse Einschränkungen. Ein Bischof kommt vor allem in pastorale Situationen und hat es dann meist mit Gruppen und weniger mit Einzelpersonen zu tun. Hinzu kommt, dass er immer als Amtsperson kommt. Das ist für mich ein gewisser Wermutstropfen. Allerdings hat man als Bischof ganz vielfältige Begegnungen mit sehr verschiedenen Gruppen und erlebt so sehr gut die ganze Vielfalt des kirchlichen Lebens. Das ist sehr bereichernd.

Frage: Sie waren lange in der Priesterausbildung tätig. Nun entscheiden sich immer weniger Männer für das Priesteramt. Was kann man dagegen tun? Gebete um geistliche Berufung alleine reichen wohl nicht aus.

Ackermann: Sie sind aber unverzichtbar. Denn dort, wo im Anliegen um Priesterberufe gebetet wird, erhöht dies sicher auch die Akzeptanz für diesen Dienst. Natürlich geht es nicht darum, dass wir Gott davon überzeugen müssten, dass es mehr Priester braucht. Aber Jesus selbst trägt uns auf, zu bitten und unsere Anliegen klar zu äußern. Ebenso klar ist: Nichts ist überzeugender als überzeugende Personen. Jenseits aller Imagekampagnen für den Priesterberuf geht nichts über die Personen, die ihn verkörpern. Es geht mir dabei aber nicht um Priester, die in jeder Situation strahlend und glücklich sind. Sie müssen vor allem authentisch sein. Einer meiner Heimatpfarrer war jemand, dem man anmerkte, dass er manchmal schwer an seinem Dienst trug, aber gleichzeitig nicht davon lassen konnte. Priestertum kann schön und schwer sein, aber es bleibt immer faszinierend.

Das Interview führte Christoph Meurer

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite des Bistums Trier