Überlebensthema für die Kirche
"Wenn die Frauen eine Woche streiken würden, würde nichts mehr gehen", sagte einst Elfriede Schießleder, Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), über die Rolle der Katholikinnen. Und in der Tat stemmen weibliche Gläubige einen Großteil des Gemeindelebens. Ob hauptamtlich - etwa als eine von derzeit rund 3.450 Gemeindereferentinnen - oder ehrenamtlich. Vom Blumenschmuck bis zum Wortgottesdienst liegt vielerorts alles in weiblicher Hand.
Eigentlich doch kein Grund zur Klage, findet die katholische Journalistin und Autorin des Blogs 'Elsas Nacht(b)revier', Barbara Wenz. "Was die Führungsetagen angeht, sehe ich überhaupt keine Probleme, selbst der Papst hat erstaunlich viele Frauen als Expertinnen in verschiedene Räte berufen. Katholische Frauen leiten Krankenhäuser, philosophische Fakultäten, betreiben Theologie, arbeiten als Pressesprecherinnen, Missionarinnen, gründen einflussreiche Orden und leiten diese auch."
Es reicht nicht aus
Klingt doch gut. Doch warum sind dann nur 19 Prozent der Katholiken mit der Stellung der Frau in der Kirche zufrieden? Weil sie an den Schaltstellen der Gemeinden und Bistümer trotz allem nach wie vor unterrepräsentiert sind, sagen die katholischen Frauenverbände. Und dabei geht es weniger um das Weihesakrament als um den Kirchenvorstand, den Diözesansteuerrat, die Leitungspositionen im Ordinariat (in nur zwei von 27 Bistümern gibt es eine Seelsorgeamtsleiterin) oder theologische Professuren. Bei Letzteren liegt der Anteil bei derzeit 13 Prozent, obwohl mehr als die Hälfte der Erstsemester weiblich sind.
Daraus ergibt sich eine Schieflage, die viele Katholikinnen nicht länger hinnehmen wollen und die langsam zu einem ernst zu nehmenden Überlebensthema für die Kirche wird. "Die Zeit ist reif für Veränderungen, sonst sind die Frauen weg!" Deutliche Worte von Birgit Mock, Vizepräsidentin des Frauenbundes. Bisher seien es vor allem die Jüngeren gewesen, die sich in den Rollenvorstellungen der Kirche nicht mehr wiederfänden.
Aber seit einiger Zeit fühlten sich auch ältere Katholikinnen zunehmend fremd, obwohl sie noch zu Zeiten der Würzburger Synode (1971 bis 1975) einen Aufbruch gespürt hätten. In dieser Situation sei es ein wichtiges Signal der Bischöfe, die Frauenfrage zu einem zentralen Thema im Dialogprozess zu machen. "Es geht nicht nur um Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern", stellt Mock klar, sondern darum, "ob Kirche für Frauen noch eine Heimat sein kann."
Langsame Entwicklungen, schnelle Ergebnisse
Entwicklungen in der Kirche dauern ihre Zeit, 30 Jahre sind für die Institution ein Wimpernschlag, für die Frauen ein halbes Erwachsenenleben. Deshalb sind schnelle Ergebnisse gefragt. Und so setzt der Studientag in Trier bewusst bei Themen an, die kirchenrechtlich möglich sind. "Wo die Kirche als Arbeitgeber agiert, fällt es ihr leichter, an die gesellschaftliche Gleichberechtigungsdebatte anzuschließen", so Birgit Mock.
Die Frage nach dem Priesteramt oder - innerkirchlich sehr viel näher liegend - dem Diakonenamt, bleibt erst einmal außen vor. Vergessen ist sie allerdings nicht: Am 29. April planen die Frauenverbände mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) den ersten gemeinsamen "Tag der Diakonin".
Frauenverbände
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ist der größte Verband in der katholischen Kirche: Rund 550.000 Frauen sind darin organisiert. Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist vor allem im Süden Deutschlands aktiv.Nichtsdestotrotz sind auch die aktuellen Forderungen der Laienverbände konkret und selbstbewusst. "Wir wollen mehr Einfluss in der Kirche", erklärt Maria Theresia Opladen, Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Konkret heißt das: "Frauen sollen nicht nur beim Pfarrkarneval mitwirken, sondern auch an Leitungsentscheidungen beteiligt sein." Und zwar durchaus auch als Leiterin einer Gemeinde.
Bisher sind Gemeindepfarrer neben dem seelsorglichen Dienst auch für alle Verwaltungsaufgaben zuständig. Dazu zählen Angelegenheiten der katholischen Kindergärten ebenso, wie baurechtliche Fragen. Um alles muss sich der Pfarrer persönlich kümmern und das potenziert sich, wenn er gleich mehrere Pfarreien betreut. "Der Verwaltungsbereich könnte von Laien, und damit auch von Frauen übernommen werden, die dann auch dafür ausgebildet sein müssen", so Opladen. In der Schweiz gebe es neben dem Pfarrer bereits Gemeindeleiter. "Diese Konstellation wäre denkbar, ohne dass man dem Priester das wegnehmen würde, was ureigenster Bestandteil des Weiheamtes ist - die Seelsorge."
Offizielle Aufträge sind wichtig
Wie die Pfarrer zu dieser Idee stehen? "Die Pfarrer, die ich kenne, sind sehr offen, was das Thema angeht. Der ein oder andere würde es als Entlastung sehen", ist der positive Eindruck der kfd-Chefin. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass diese Funktionen mit Macht zu tun haben und davon müssten die Priester dann einen Teil abgeben.
Der Blick auf das vor allem weiblich geprägte Ehrenamt offenbart weiteren Regelungsbedarf, denn nicht alle engagierten Gemeindemitglieder werden entsprechend gewürdigt. Die Verbände fordern eine offizielle flächendeckende Beauftragung für Laien, die zum Beispiel Wortgottesdienste oder Beerdigungsfeiern leiten. "Das ist wichtig als Autorisierung gegenüber der Gemeinde, denn ein Auftrag hat einen ganz anderen Stellenwert, als 'einfach mal so' ein Ehrenamt auszuüben", sagt Opladen. Zugleich ist es auch eine Anerkennung für den persönlichen Einsatz, ohne den in vielen Gemeinden nichts laufen würde und gibt den Ehrenamtlichen eine gewisse Sicherheit.
Die ersten Schritte im Dialogprozess sind gemacht. Das Thema steht auf der Agenda. "Der Studientag ist eine Chance, die die Bischöfe nicht ungenutzt verstreichen lassen sollten", sagt die kfd-Bundesvorsitzende. Sie sei aber nach ersten offenen und konstruktiven Gesprächsrunden im Dialogprozess guter Dinge, dass die Bischöfe fest entschlossen seien, sich dem Thema Frauen in der Kirche zu widmen. "Es ist wichtig, dass konkret etwas dabei herauskommt. Die Frauen warten darauf."
Von Janina Mogendorf