Chronologie zum kirchlichen Missbrauchsskandal in Deutschland

Ein Skandal zieht Kreise

Veröffentlicht am 24.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Missbrauch

Bonn ‐ Im Januar 2010 informierte der Jesuit Klaus Mertes mit einem Brief an ehemalige Schüler über Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg. Er löste damit eine Lawine weiterer Enthüllungen über sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen aus. Katholisch.de nennt wichtige Stationen in der Geschichte des Missbrauchsskandals:

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Januar 2010: Der damalige Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, bringt die Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche ins Rollen.

22. Februar 2010: Die Bischöfe entschuldigen sich bei ihrer Vollversammlung in Freiburg wegen der Missbrauchsfälle. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird Sonderbeauftragter für Missbrauchsfälle. Eine Hotline für Missbrauchsopfer wird eingerichtet.

7. März 2010: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert einen Runden Tisch zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche.

12. März 2010: Erzbischof Zollitsch unterrichtet in Rom den Papst über die Missbrauchsfälle. Benedikt XVI. reagiert mit großer Betroffenheit.

31. August 2010: Die Bischöfe verschärfen ihre "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch". Bei der umstrittenen Anzeigenpflicht gibt es einen Kompromiss: Erhärtet sich bei den Gesprächen zwischen potenziellen Opfern und den Missbrauchsbeauftragten der Verdacht auf sexuellen Missbrauch, so schreiben die Leitlinien das Einschalten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden vor. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn das Opfer ausdrücklich auf einen solchen Schritt verzichten will.

20. September 2010: Erzbischof Robert Zollitsch schlägt bei der Vollversammlung der Bischöfe in Fulda einen "breiten Reflektionsprozess" von Bischöfen, Priestern und Laien vor. Dabei solle es auch um das Bild des Priesters, den Umbruch in den Gemeinden, die Verantwortung der Laien, aber auch um die Sprache der Verkündigung und Fragen von Familie, Partnerschaft und Sexualität gehen.

23. September 2010: Die Bischöfe stellen ein Konzept zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch vor. Es sieht unter anderem vor, dass jedes der 27 Bistümer eine Stelle einrichtet, die sich um Präventionsfragen kümmert. Für haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit wird ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gefordert.

30. September 2010: Die Bischofskonferenz legt am Runden Tisch in Berlin ein Konzept zur Entschädigung der Opfer von sexuellem Missbrauch vor. Dazu gehört die Zahlung eines Geldbetrags, der als "finanzielle Anerkennung" des zugefügten Leids gelten soll. Darüber hinaus soll es Opfern ermöglicht werden, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mehrfach musste sich die Deutsche Bischofskonferenz (im Bild v.l. DBK-Sekretär Pater Hans Langendörfer, Erzbischof Robert Zollitsch, Bischof Stephan Ackermann und DBK-Pressesprecher Matthias Kopp) seit 2010 mit der Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals beschäftigen.
Bild: ©KNA

Mehrfach musste sich die Deutsche Bischofskonferenz (im Bild v.l. DBK-Sekretär Pater Hans Langendörfer, Erzbischof Robert Zollitsch, Bischof Stephan Ackermann und DBK-Pressesprecher Matthias Kopp) seit 2010 mit der Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals beschäftigen.

2. März 2011: Die Bischofskonferenz nennt erstmals eine konkrete Summe von 5.000 Euro, die den Opfern als Anerkennung für ihr Leid ausgezahlt werden soll.

16. Mai 2011: Die vatikanische Glaubenskongregationen verpflichtet Bischofskonferenzen weltweit zur Erarbeitung von Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen. Schwerpunkte liegen auf der Zusammenarbeit mit staatlichen Justizbehörden, Hilfen für Opfer und Prävention.

8. Juli 2011: In Mannheim startet die Bischofskonferenz ihren bundesweiten Dialogprozess. Dazu kommen rund 300 Vertreter aus Diözesen, Orden, Hochschulen und Verbänden zusammen. Die bis 2015 angelegten Gespräche sollen der Kirche verloren gegangenes Vertrauen zurückbringen.

13. Juli 2011: Die deutschen Bischöfe kündigen zwei Forschungsprojekte zur wissenschaftliche Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche an.

15. August 2011: Die Bischofskonferenz gibt bekannt, ihre Hotline für Missbrauchsopfer länger als geplant offen zuhalten. Die Nummer solle nicht im September abgeschaltet werden, sondern bis Ende 2012 weiterbestehen.

23. September 2011: Papst Benedikt XVI. trifft während seines offiziellen Deutschlandbesuchs im Erfurter Priesterseminar mit Missbrauchsopfern zusammen. Er spricht mit drei Männern und zwei Frauen. Von ihrer Not "bewegt und erschüttert", bekundet er ihnen sein "tiefes Mitgefühl und Bedauern".

7. Dezember 2012: Die Ergebnisse des ersten Forschungsprojekts werden vorgestellt. Der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen, Norbert Leygraf, kommt zu dem Schluss, dass katholische Priester, die Minderjährige missbraucht haben, in den seltensten Fällen in klinischem Sinne pädophil seien.

9. Januar 2013: Die Bischöfe beenden nach Differenzen die Zusammenarbeit mit dem Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer beim zweiten Forschungsprojekt zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Im Rahmen der Studie sollten sämtliche Personalakten von Geistlichen in den 27 deutschen Bistümern von 2000 bis 2010 gesichtet und Missbrauchsopfer befragt werden. Die Bischöfe kündigen an, die Studie mit einem neuen Partner fortzusetzen.

28. August 2013: Die Bischöfe schreiben die am 9. Januar vorläufig gestoppte Studie als "interdisziplinäres Forschungsverbundprojekt" neu aus.

24. März 2014: Die Bischofskonferenz gibt bekannt, dass sie einen Forschungsverbund von sieben Professoren um den Mannheimer Psychiater Harald Dreßing mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals beauftragt. (stz/KNA)