Aufräumen nach dem Knall
Der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller, der selbst viele Jahre im Bistum Limburg tätig war, prognostizierte: "Der Fall wird weitreichende Folgen für das Staat-Kirche-Verhältnis, aber auch für das Verhältnis von Gläubigen und Bischöfen haben". Als Beispiel nannte er staatliche Zahlungen an die Kirchen, die jetzt "aufs Tableau" müssten.
Auch Forderungen nach einem anderen Umgang zwischen Bischöfen und Gläubigen wurden formuliert: "Der Bischofsdienst ist für die Gläubigen da und nicht umgekehrt", sagte der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz. Nach seiner Auffassung müssen die Bischöfe und andere Kirchenobere in Zukunft mehr auf die Gläubigen hören. "Das müssen wir aus dieser Pleite lernen", sagte zu Eltz bei der Diskussion, die von Joachim Valentin, dem Direktor des "Hauses am Dom" in Frankfurt moderiert wurde.
Forderung nach einem "Status ecclesiae"
Nach Auffassung des FAZ-Journalisten Daniel Deckers muss sich die Kirche grundlegende Gedanken machen und einen "Status ecclesiae" bestimmen - gerade im Blick auf die anstehenden weitreichenden Personalentscheidungen. "Diagnose, Anamnese, Therapie" lautete seine pointierte Forderung. Im kommenden Jahr wird ein neuer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz gewählt und mehrere Bischofssitze sind demnächst neu zu besetzen, darunter in den Erzbistümern Freiburg, Hamburg und Köln.
Auch nach Ansicht des Generalsekretärs des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Stefan Vesper, hat die Affäre um den Limburger Bischof großen Schaden angerichtet: "Das hat uns allen weh getan", erklärte er. Er wünsche sich für die Zukunft mehr Transparenz bei den Kirchenfinanzen, eine stärkere Wertschätzung von Gremien wie den Pfarrgemeinderäten, eine bessere Zusammenarbeit der Bischöfe untereinander und eine Diskussion um das bischöfliche Amt. Dabei sprach Vesper auch von einem "überzogenen Selbstverständnis" einiger Bischöfe, das sein Spiegelbild finde in einer "Unterwürfigkeit" einiger Laien.
Während der Diskussion machte der Frankfurter Stadtdekan zu Eltz, der als Vertreter des Limburger Domkapitels an der Diskussion teilnahm, deutlich, dass er sich eine Rückkehr Tebartz-van Elsts auf den Limburger Bischofsstuhl nicht vorstellen kann. Der Stadtdekan hoffe, dass Tebartz-van Elst "an anderer Stelle einen Dienst findet, der ihn glücklich macht", so der Stadtdekan. Der Bischof hatte in einem Interview mit dem "Vatican Magazin" angedeutet, wieder in das Bistum zurückkehren zu wollen.
Mit deutlichen Worten übte zu Eltz auch Kritik an der Entscheidung von Papst Franziskus, dem Limburger Bischof zunächst eine Auszeit zu verordnen: "Ich hoffe, dass der Papst uns hier nicht ewig hängen lässt", sagte er. "In Wirklichkeit nimmt das nicht Druck aus dem Reifen, sondern die Spannungen nehmen zu."
Kritik und lautstarke Nachfragen
Um die Situation im Bistum Limburg zu beschreiben, griff der Stadtdekan den Begriff der "Kirche der Armen" des Papstes auf: "Wir sind hier ein Bistum armer Menschen und armer Gläubiger, wir sind wirklich in Not". Ähnlich formulierte es auch Moderator Joachim Valentin. "Die Menschen wollen nur, dass in ihrem Bistum Recht und Gesetz regiert". Die kirchlichen Mitarbeiter wollten nicht in einem Klima der Angst und Drohung, sondern in einem guten Klima arbeiten.
Der Saal im "Haus am Dom" war bereits lange vor Veranstaltungsbeginn überfüllt. Mit Unruhe wurde die kurzfristige Absage des Limburger Weihbischofs Thomas Löhr aufgenommen, der als Diskussionsteilnehmer angekündigt war. In der an die Diskussion anschließenden Fragerunde gab es auch kritische, zum Teil lautstarke Nachfragen – etwa, warum auf dem Podium nicht auch ein Diskutant sitze, der für Bischof Tebartz-van Elst spreche.
Von Gabriele Höfling