Wie Christen in Ägypten die neue Verfassung bewerten

Neue Zuversicht

Veröffentlicht am 16.01.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ägypten

Bonn ‐ Es ist ein neues Kapitel in der zuletzt sehr wechselhaften Geschichte des Landes: Am Dienstag und Mittwoch nahmen die Ägypter ihre neue Verfassung wie erwartet mit einer überwältigenden Mehrheit an. Nach ersten inoffiziellen Angaben stimmten rund 98 Prozent mit Ja. Viele Christen im Land sehen nun optimistischer in die Zukunft – und ihre Rechte gestärkt.

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Die neue Verfassung bestimmt zwar den Islam als Staatsreligion und Arabisch als Amtssprache. Christen und Juden können ihre familiären Angelegenheiten jedoch nach ihren eigenen religiösen Vorschriften regeln. Nichts weniger als "den Beginn einer neuen Ära der Freiheit" erwarteten die Gläubigen nun – so fasst es etwa der ägyptische Historiker Wessam A. Farag zusammen: "Sie fühlen sich stärker geschützt und als Partner behandelt. Sie fühlen sich mehr als Teil der Gesellschaft", sagte er der katholischen Nachrichten-Agentur.

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Video: © Erzbistum Berlin, Andreas Bückle

<p>Organisiert von missio.</p>

Vielfalt der Meinungen

Antonios Aziz Mina, koptisch-katholischer Bischof der Diözese Gizeh hat das Werk mit ausgearbeitet. Im Interview mit dem katholischen Hilfswerk Missio erklärt er, warum die neue Verfassung für ihn "ganz anders" ist als der Vorgänger : War der Entwurf aus dem Jahr 2012 aus seiner Sicht islamisch-religiös motiviert, vertrete die neue Verfassung nun die gesamte Gesellschaft. "Es geht um die Vielfalt der Meinungen, die friedliche Fortführung von Autorität, um einen demokratischen und modernen Staat", so Aziz Mina: "Es ist ein Text, der die Gerechtigkeit und die Institutionen des Staates wieder herstellt."

Und das verbessere auch die Lage der Christen: "Wenn allen Ägyptern ihre Rechte zugesprochen werden, dann auch den Christen. Das ändert schon mal etwas". Der Verfassungstext garantiere auch die Rechte von Minderheiten, was ein wesentliches Merkmal der Demokratie sei. Zudem sei erstmals für die Christen auch das Recht in die Verfassung aufgenommen worden, Kirchen zu bauen.

Mansur besucht Papst Tawadros II.

Historiker Farag hat schon vor der Wahl ein positives Signal mit Symbolkraft beobachtet: Am 5. Januar besuchte Interimspräsident Adli Mansur den koptischen Papst Tawadros II. Es war das erste Mal, dass ein ägyptisches Staatsoberhaupt persönlich die Markuskathedrale in Kairo besuchte, um dem Oberhaupt der Kopten zu deren Weihnachtsfest zu gratulieren. Bislang hatte die Staatsspitze dazu immer nur einen Vertreter entsandt.

Die Angaben zum Bevölkerungsanteil der Christen in Ägypten schwanken stark. Fest steht, dass die Kopten die größte christliche Gemeinschaft in dem Land sind. Ihr Bevölkerungsanteil an den rund 80 Millionen Ägyptern wird auf etwa 10 Prozent geschätzt, die Angaben schwanken jedoch. (gho/KNA/dpa)