Bibel in luftiger Form
Jene, die am häufigsten in einem bestimmten Text vorkommen, werden in Grafiken am größten dargestellt. Wolters will damit in seinem Buch einen neuen Zugang zur Bibel ermöglichen.
Entstanden ist das Projekt aus einer Suche. Vor sechs bis acht Jahren begann der heute 41-jährige Ingenieur, seinen Glauben zu hinterfragen. Auf ein neues Fundament wollte er ihn stellen. "Es besteht die Gefahr, dass man sich auf den kindlichen Glauben verlässt und auch solche sprachlichen Bilder dann noch benutzt." Wolters meldete sich in Würzburg bei "Theologie im Fernkurs" an. Nur für sich absolvierte er in seiner Freizeit diese Zusatzausbildung - nebenbei spielt er in der Kirchenband mit und begleitet ehrenamtlich Jugendfreizeiten.
Heilige Schrift, statistisch ausgewertet
Dabei kam ihm, dass er sich mit der Bibel eigentlich noch nicht intensiv genug auseinandergesetzt habe. Doch wer die Schrift zur Hand nehme, werde schnell erschlagen von den 73 Büchern . Gleichzeitig hatte Wolters als Ingenieur mit Wortwolken zu tun, die streng statistisch die Häufigkeit von Worten anzeigen und so helfen, Umfragen auszuwerten.
Der Katholik machte sich daran, dies nun auch für die Bibel zu tun. Er schrieb ein eigenes Computerprogramm und durchforstete sämtliche Texte: Sämtliche Verben brachte er dafür auf ihre Grundform: "Sagen", "sprechen", "sehen". All das mündete in Grafiken, die er frei nach seinem Geschmack gestaltete und für das Buch mit Begleittexten versah. Ein Ingenieur interpretiert die heilige Schrift, aus einem gewissen "missionarischen Impuls" heraus, wie er sagt.
Menschen emtotional ansprechen
Eine spezielle Auswertung entwickelte Wolters dann noch für die vier Evangelien. Zunächst bildete er den Kern jener etwa 30 Worte, die in allen am häufigsten vorkommen. Spitzenreiter hier: "sagen, Jesus, kommen". Um diese Mitte herum gruppierte Wolters jene Begriffe, in denen sich die vier Texte unterscheiden. So deuten Worte wie "Hohepriester" und "Pharisäer" bei Matthäus etwa daraufhin, dass dieser eine judenchristliche Gemeinde vor Augen hatte, wie Wolters erklärt. Johannes dagegen stellt die Selbstoffenbarung Jesu in den Mittelpunkt. Klarer Spitzenreiter hier das Wort "Vater".
Auf einer "emotionalen Ebene" will Wolters mit seinen "Bibelclouds" die Menschen ansprechen, vor allem Jugendliche. "Welche Grafik gefällt Euch am besten", fragt er dann in Schulklassen. "So kommt es zu einem Gespräch und einer Auseinandersetzung." Eine weitere Möglichkeit sei, die auf dem Boden ausgelegten Wortwolken den jeweiligen Büchern in der Bibel zuzuordnen.
Neue Form der Exegese?
Bei einem Seminar mit jungen Erwachsenen habe es eine Trefferquote von 50 Prozent gegeben, erzählt Wolters und schiebt ein paar Tipps hinterher: Wo "Jesus" stehe, müsse es sich um Neues Testament handeln. Auch die Paulus-Briefe seien sich von den Worten im Kern ähnlich, relativ einfach auch die fünf Bücher Moses. "Ägypten", "Pharao" und "Israeliten", das ist das Buch Exodus . Ein riesiges "sollen" deutet auf das Buch Deuteronomium hin - eine Sammlung von Vorschriften, um Gottes Gebote zu erfüllen.
Besonders Theologen und evangelische Christen hätten sich nach der Lektüre bei ihm gemeldet, erzählt Wolters. In einem Buch zur Konfirmationsvorbereitung seien 15 Seiten den Clouds gewidmet. Neben der gedruckten Variante hat er mittlerweile eine Website unter www.bibelclouds.de , eine App für Android und eine Facebook-Seite gestartet. Außerdem entwickelt Wolters gerade in Eigenarbeit einen Koffer zur Arbeit in der Pastoral. So ambitioniert wie er ist, haben seine Frau und die zwei Söhne nur eine Hoffnung: Er möge nicht jedes Jahr ein solches Projekt starten.
Von Christian Wölfel (KNA)