Der Ärger über Sternsinger im brandenburgischen Bildungsministerium ist nur ein Symptom

Stein des Anstoßes

Veröffentlicht am 06.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bildungspolitik

Potsdam ‐ Üblicherweise freuen sich die Menschen, wenn die Sternsinger vor ihrer Tür stehen und den Segen "C+M+B" mit Kreide an die Haustür schreiben. Anders scheint es derzeit in Potsdam zu sein. Der Besuch der Sternsinger beim Neujahrsempfang im Bildungsministerium des Landes Brandenburg soll ein Stein des Anstoßes sein. Doch es geht auch um andere Konflikte.

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Mitarbeiter des Hauses hätten den Personalrat des Ministeriums gebeten, "ihr Unverständnis für die Präsentation dieser religiös geprägten Teile im Zusammenhang mit einer dienstlichen Veranstaltung zum Ausdruck zu bringen", heißt es in einem Beschwerdebrief an Bildungsministerin Martina Münch (SPD).

Zum Recht auf Religionsfreiheit gehöre auch das Recht, ein bekenntnisfreies Leben zu führen. Was ist in diesem Ministerium passiert, dass sich der Personalrat über die Sternsinger beschwert? Ist es schon ein Bekenntnis zum christlichen Glauben, den Sternsingern beim Singen zuzuhören? Fürchten die atheistischen Mitarbeiter die Sternsinger, wie der Teufel das Weihwasser?

Kritik an Personalentscheidungen der Bildungsministerin

Die Sternsinger-Affäre im brandenburgischen Bildungsministerium mag nach außen religionsfeindlich erscheinen. Tatsächlich aber gibt es einen tieferliegenden Konflikt in diesem Hause. Der katholischen SPD-Ministerin werden Führungsschwäche, Konzeptlosigkeit und falsche Personalentscheidungen vorgeworfen. FDP-Fraktionschef Andreas Büttner (FDP) sagte im Landtag, Martina Münch sei "die schlechteste Bildungsministerin, die das Land jemals hatte". Insider berichten, die Ministerin habe "den Laden nicht im Griff".

Rund 200 Mitarbeiter hat das Ministerium. Ein Viertel davon hat einen offenen Brief unterschrieben, aus "Sorge um die Arbeitsfähigkeit" des Bildungsministeriums. Die Mitarbeiter protestieren gegen die immer größere Belastung, den ungebrochenen Personalabbau sowie ausbleibende oder nicht nachvollziehbare Personalentscheidungen Münchs. Mit Unverständnis reagierten Mitarbeiter und Opposition auf die Entscheidung, den langjährigen Jugend–Abteilungsleiter Andreas Hilliger in die Grundsatzabteilung des Wissenschaftsministeriums zu versetzen. Deren bisheriger Leiter, Hajo Cornell, ist nun für Jugend und Heimaufsicht zuständig.

Die Heimaufsicht wird in Brandenburg derzeit diskutiert. Anlass ist ein Skandal um die "Haasenburg", ein Unternehmen im Bereich der Heimerziehung. Misshandlungen der Schützlinge in den geschlossenen Heimen wurde den Betreibern vorgeworfen. Das Land Brandenburg - also Münch - hatte der Firma 2013 die Betriebserlaubnis entzogen und ein erstes Gerichtsverfahren darum auch gewonnen. Derzeit läuft ein Prozess um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht.

Klagen gegen Kürzungen bei freien Schulen

Ein zweiter Prozess vor dem Landesverfassungsgericht setzt die Ministerin ebenfalls unter Druck. Betroffene klagen gegen die Kürzungen bei der Finanzierung der freien Schulen. Davon betroffen sind auch die katholischen und evangelischen Schulen im Land Brandenburg. Eine gleichlautende Klage in Sachsen hatte erst vor wenigen Wochen Erfolg. Kritik erntet Münch auch für ihre umstrittene Reform der Schulaufsicht. Dabei sollen die sechs Brandenburger Schulämter zu einem Landesschulamt zusammengefasst werden.

Dass die Sternsinger nicht das Ziel der Kritik sind, wird offenbar, wenn sogar die Opposition den Auftritt der Sternsinger im Ministerium verteidigt. Der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Schierack sagte, die Kritik am Ministerium sei in diesem Fall nur "schwer nachvollziehbar". "Ein Bildungsministerium ohne Werte fände ich jedenfalls schwierig," so Schierack. Beide gehören der katholischen Propsteigemeinde Cottbus an.

Von Markus Kremser