Der Stern zog vor ihnen her…
Der Volksmund weiß es sowieso und auch im Bewusstsein der Gläubigen scheint schnell klar zu sein, was am 6. Januar gefeiert wird: der Dreikönigstag. Doch die drei Magier oder Könige, die einem Stern folgend den Sohn Gottes in einem Stall in Bethlehem finden, standen nicht von Anfang an im Mittelpunkt des Festes. Bis heute hat das Hochfest eine vielfältige Bedeutung.
Der offizielle Name des katholischen Festtages lautet "Erscheinung des Herrn". International gebräuchlicher ist Epiphanie und evangelische Christen nennen ihn Epiphanias – beides leitet sich vom altgriechischen Wort für Erscheinung ab.
Aber singen wir nicht schon ab Heiligabend "Christ ist erschienen, uns zu versühnen"? Worin unterscheiden sich also die Festinhalte von Weihnachten und Epiphanie? Am 25. Dezember wird die Menschwerdung des Gottessohns gefeiert, am 6. Januar das Offenbarwerden und die menschliche Gegenwart Jesu in drei Ereignissen: Der Anbetung der Weisen, seiner Taufe und seinem ersten Wunder bei der Hochzeit zu Kana.
„Drei Wunder heiligen diesen Tag: Heute führte der Stern die Weisen zum Kind in der Krippe. Heute wurde Wasser zu Wein bei der Hochzeit. Heute wurde Christus im Jordan getauft, uns zum Heil. Halleluja.“
Diese Ereignisse werden auch "drei Wunder" genannt. Aber weil es im Evangelium des Tages (Mt 2,1-12) bei katholischer, anglikanischer und evangelischer Kirche um die Huldigung der Sterndeuter geht, stehen sie, auch Heilige Drei Könige genannt, im Vordergrund. Besonders in Deutschland ist das so, bewahrt doch der Kölner Dom seit 1164 in einem kostbaren Reliquienschrein über dem Hochaltar die Gebeine der Weisen aus dem Morgenland auf.
Verschiedene Liturgie-Traditionen treffen auf das Fest
Noch vor der Frage, wer diese Männer waren, um die herum sich so viel Brauchtum entwickelte, ist interessant zu wissen, warum an "Erscheinung des Herrn" so viele Ereignisse gefeiert werden. Sie gehen zurück auf eine Zeit, als es in der Kirche viele regional verschiedene Liturgieformen gab – und Rituale anderer Religionen. In seinem Lehrbuch "Die Liturgie der Kirche" verortet Michael Kunzler die Ursprünge des Epiphaniefestes in Ägypten.
Zum einen hat dort schon Anfang des 3. Jahrhunderts eine christliche Sekte am 6. Januar der Taufe Jesu im Jordan gedacht. Die Gemeinschaft glaubte, dass sich der Mensch Jesus erst mit der Herabkunft des Geistes bei der Taufe mit dem Göttlichen verband. Mit dem Datum ist zum anderen auch die Geburt des alexandrinischen Sonnengottes Äon verbunden, dem zu Ehren Wasser aus dem Nil geschöpft wurde. Der Liturgiewissenschaftler Kunzler vermutet, die Kirche habe die gleichen Feierelemente genutzt, um die heidnischen und gnostischen Feste umzudeuten.
Brauchtum
Der Vorabend des Dreikönigstages (Oberstnacht) gilt im Volksglauben als letzter und gefährlichster Abend der zwölf "Rauhnächte". In den Nächten zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar wurden Haus und Hof ausgeräuchert und mit Weihwasser besprengt, damit böse Geister fern blieben. Denn besonders viele Dämonen flogen in der sogenannten "Oberstnacht" durch die Luft und versuchten, den Menschen Unheil zu bringen. Alles musste aufgeräumt sein, es durfte keine Wäsche auf der Leine hängen, und an den Tagen wurden besonders viele Bohnen, Linsen und Erbsen gegessen, weil sie angeblich Glück bringen sollten. (gam)In Jerusalem feierten die Christen am 6. Januar zunächst nur die Geburt Christi, bis sie Ende des 5. Jahrhunderts den 25. Dezember der römischen Kirche übernahmen. Dann rückte auch dort Jesu Taufe in den Vordergrund – und in den Gemeinden der Umgebung, etwa in Syrien und der heutigen Türkei auch. In Gallien, Spanien und Norditalien hingegen feierte man neben der Taufe auch die Anbetung der Magier und das Weinwunder von Kana.
Herkunft, Zahl und Namen der Magier sind unbekannt
In Rom wiederum war die Magieranbetung das einzige Festthema, wie sich den Predigten von Papst Leo I. (440-461) entnehmen lässt. Wahrscheinlich führte das Zusammentreffen der gallischen und der römischen Tradition zur Zerlegung des Festthemas: Die Taufe Jesu und die Hochzeit zu Kana wurden einige Tage später gefeiert, heute am ersten und zweiten Sonntag nach Epiphanie.
Seit der Überführung der Reliquien der "Heiligen Drei Könige" von Mailand nach Köln wird der 6. Januar immer wieder als deren Heiligenfest missverstanden. Heiliggesprochen wurden sie jedoch nie "und viele Geschichten um ihre Herkunft, Zahl und Namen sind dem Bereich der Legenden zuzuordnen", heißt es im Gebetsbuch Magnificat.
Dem Evangelisten Matthäus war nicht wichtig, wo genau sie herkamen, sondern dass sie keine Juden waren und somit die Welt der Heiden repräsentierten. Biblisch wird auch nicht von Königen sondern von Sterndeutern gesprochen. Laut der Einheitsübersetzung der Bibel kann es sich bei den "Magoi" um babylonische Astrologen handeln. Auch die Dreizahl taucht im Evangelium nicht auf. Auf sie kommt man, weil von drei Geschenken die Rede ist: Gold, das für den König steht, Weihrauch für den Hohepriester und Myrrhe für den Arzt Jesus.
"Christus Mansionem Benedicat"
Dem zentralen Motiv, dem die Männer folgten, dem Stern von Bethlehem, sprach man zunächst symbolische Bedeutung zu. Doch nach Sichtung von verschiedenen Sternbüchern gehen Forscher davon aus, dass er kein Komet, sondern eine Konjunktion des Saturns und des Jupiters gewesen sein könnte. Ein Satz im Matthäusevangelium deutet darauf hin: "Der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen." (Mt 2,9)
Die Sternsinger griffen das Bild des Sterns auf und zogen seit dem Mittelalter von Haus zu Haus. Seit 1959 gibt es die "Aktion Dreikönigssingen". Je nach Region besuchen die Kinder rund um dem 6. Januar die Häuser und segnen sie. Mit Kreide schreiben sie die Jahreszahl und die Abkürzung für "Christus Mansionem Benedicat" ("Christus segne das Haus") an die Wand. Landläufig stehen die Buchstaben ebenso für die Namen der drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Mit den gesammelten Geldspenden der Sternsingeraktion wird benachteiligten Kindern auf der ganzen Welt geholfen.
Die Zahl Drei
Die Heiligen Drei Könige hatten Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dabei. Die Namen Caspar, Melchior und Balthasar erhielten sie ab dem 9. Jahrhundert. Sie stehen symbolisch für die einstige Vorstellung von drei "Menschenrassen", die damals bekannten drei Erdteile und die drei Lebensalter. Sie sind die Patrone der Reisenden, Pilger, Kaufleute, Gastwirte und Kürschner. (gam)Dieser Text erschien erstmals 2016.