Katharina von Siena: Einflussreiche Mystikerin
Es waren für die Kirche unruhige Zeiten, in denen Katharina von Siena (1347-1380) lebte und wirkte. Aufgrund von Machtkämpfen in Rom und eines großen französischen Einflusses residierten die Päpste seit 1309 in Avignon. Dass der Nachfolger Petri seit 1377 jedoch wieder in der heutigen italienischen Hauptstadt lebt, ist das Verdienst der Mystikerin und Kirchenlehrerin aus Siena, einer der größten Frauen der Kirchengeschichte.
Doch auch persönlich waren die Zeiten für Katharina, geboren als Caterina Benincasa, keine leichten. Viele ihrer mehr als zwanzig Geschwister starben früh an der Pest, die adlige Familie war verarmt, Lesen und Schreiben lernte Katharina erst als Erwachsene. So hart wie die Zeiten war auch ihr Wille, in den Dienst der Kirche zu treten.
Klare Kritik am Klerus
Bereits mit sechs Jahren soll Katharina ihre erste Vision von Jesus sowie den Aposteln Petrus, Paulus und Johannes über dem Dach einer Kirche gehabt haben. Als sie mit zwölf Jahren verheiratet werden sollte, widersetzte sie sich. Ihr Leben sollte voll und ganz auf Jesus ausgerichtet sein. Mit 16 Jahren ging sie den entscheidenden Schritt dazu und schloss sich gegen den Willen ihrer Eltern den Dominikaner-Terziarinnen an, die wegen ihres langen schwarzen Umhanges über dem weißen Gewand "Mantellatinnen" genannt wurden. Ihr Leben schien vorgezeichnet. In strenger Askese, allein mit Gott.
„Im Garten der Kirche müssten die faulenden Pflanzen ausgerissen und durch frische, duftende neue Pflanzen ersetzt werden.“
Eine neuerliche Vision änderte dies radikal. Katharina gab ihr zurückgezogenes Leben auf und widmete sich mit Leidenschaft der Pflege von Armen und Kranken. Nicht minder energisch war ihr Engagement gegen den Verfall und für Reformen der Kirche. Mit deutlichen Worten sparte sie dabei nicht. "Was Christus am Kreuz erwarb, wird mit Huren vergeudet", so ihre unmissverständliche Kritik am Sittenverfall innerhalb des Klerus. Selbst vor Bischöfen machte sie nicht halt. "Im Garten der Kirche müssten die faulenden Pflanzen ausgerissen und durch frische, duftende neue Pflanzen ersetzt werden."
Das hatte Folgen. 1374 musste sie vor den Oberen ihres Ordens in Florenz ihr Verhalten erklären. Gerade für eine Frau war das damals sehr ungewöhnlich und wurde von den Männern mit Argwohn betrachtet. Doch Katharina überzeugte; von Historikern vermutete Vorwürfe wegen Ketzerei wurden, wie es scheint, fallen gelassen. Fortan durfte sie im offiziellen Auftrag handeln, predigen und publizieren. Das tat sie nicht nur zu kirchenpolitischen Themen, sondern ebenso zu spirituellen und mystischen Fragen.
Mit ihren Sorgen um die Kirche wandte Katharina sich auch an den Papst. Durch ihr Zureden verlegte Gregor XI. (1329-1378) den Papstsitz nach Jahrzehnten von Avignon zurück nach Rom, wohin sie ihn auch persönlich begleitete. Doch damit nicht genug. In zahlreichen Briefen - die sie Schreibern diktierte - forderte sie vom Papst umfassende Kirchenreformen zu einer Stärkung der Seelsorge.
Rückschläge blieben für Katharina nicht aus. Als nach dem Tod Gregors XI. Urban VI. (1318-1389) den Stuhl Petri bestieg, versagten ihm die französischen Kardinäle die Gefolgschaft und wählten einen Gegenpapst. Erst 1418, nach verschiedenen Päpsten und Gegenpäpsten, endete die Spaltung, die als Abendländisches Schisma in die Geschichte einging.
Ein Ende in Verzweiflung
Auch Katharinas Hoffnung auf Kirchenreformen durch Urban VI. erfüllte sich nicht. Zum Ende ihres Lebens belegen ihre Briefe Ohnmacht und Verzweiflung – auch angesichts der gespaltenen Kirche. 1380 starb sie schwer erkrankt mit 33 Jahren, der Überlieferung nach in der Peterskirche in Rom. Auf dem Sterbebett bezeugte sie ihren Mitschwestern: "Seid gewiss, meine Lieben, dass ich das Leben für Christus und seine heilige Kirche hingegeben habe."
In Italien gilt Katharina von Siena als größte Frau der Kirchengeschichte. Davon zeugt nicht nur ihr umfangreiches theologisches Werk, sondern auch ihre Funktion als päpstliche Ratgeberin. Keine hundert Jahre nach ihrem Tod sprach Papst Pius II. sie 1461 heilig. 1939 wurde sie Schutzpatronin Italiens, 1970 Kirchenlehrerin und 1999 zusammen mit Birgitta von Schweden und Edith Stein gar Schutzheilige des ganzen europäischen Kontinents.
Gedenktag: 29. April
Patronin von Europa, Italien, Rom und Siena; der Krankenschwestern, Wäscherinnen und Pfarramtssekretärinnen; der Sterbenden, der Laien im Dominikanerorden; für Vorsorge gegen Feuer; gegen Kopfschmerzen und PestAktualisiert am 29. April 2020.