Teresa von Ávila: Lehrerin der Gottsuchenden
Gekleidet in einen braunen Habit, in den Händen Buch und Feder, über ihr schwebt die Taube des Heiligen Geistes – eindeutig ein Heiligenbild der Teresa von Ávila (1515-1582). Ihr Zeitgenosse, der päpstliche Nuntius Filippo Sega, hätte sich wohl ungläubig die Augen gerieben: Für ihn ist Teresa nichts weiter als ein "herumvagabundierendes Weibsbild, das unter dem Vorwand von Frömmigkeit falsche Lehren erfindet". Er ist mit dieser Meinung nicht allein. Jahrelang muss sich Teresa einem Inquisitionsverfahren unterziehen.
Dass ihr Prozess im Jahr 1579 mit einem Freispruch endet, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn im "Goldenen Zeitalter" Spaniens hat Teresa mit gleich mehreren Startnachteilen zu kämpfen. Teresas Vater, Don Alonso Sánchez de Cepeda, ist der Sohn des wohlhabenden jüdischen Kaufmanns Juan Sánchez aus Toledo. Unter dem Druck der Inquisition lässt er sich gemeinsam mit seinem Sohn Don Alonso dort taufen. Doch auch danach ist die Familie, wie andere "Conversos", zahlreichen Repressionen ausgesetzt. Juan Sánchez erwirbt einen Adelstitel und wagt den Neuanfang in Ávila.
Dort versucht die Familie über Generationen hinweg, den vermeintlichen Makel ihrer jüdischen Abstammung abzulegen. Don Alonso heiratet gezielt in altchristliche Familien hinein: zunächst Catalina del Peso und nach deren Tod Beatriz de Ahumada. Am 28. März 1515 kommt Teresa de Ahumada auf die Welt – weder sie noch ihre elf Geschwister werden den "jüdisch belasteten" Nachnamen Sánchez übernehmen. Doch die soziale Sicherheit bleibt brüchig: 1520 muss Don Alonso seinen Adelstitel in einem Prozess verteidigen.
Eine prägende Jugend
Auf Veranlassung ihres Vaters lernt die junge Teresa Lesen und Schreiben. Ansonsten erlebt sie eine typische Kindheit im Spanien des 16. Jahrhunderts: Eine endzeitliche Frömmigkeit prägt den gesamten Alltag. Möglichst schnell in den Himmel zu kommen, ist Teresas größtes Anliegen. Und so bricht die Siebenjährige mit ihrem Lieblingsbruder nach Nordafrika auf, um unter muslimischer Herrschaft als Märtyrerin zu sterben. Ein Verwandter sammelt die beiden Ausreißer unweit ihres Hauses wieder auf.
Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1528 verändert sich Teresa: Statt Heiligenlegenden liest die Jugendliche nun die damals beliebten Ritterromane, weiß um ihr gutes Aussehen und pflegt zahlreiche Freundschaften. Mit 16 Jahren wird sie auf ein Internat der Augustinerinnen geschickt, welches sie aus gesundheitlichen Gründen jedoch bald wieder verlassen muss. Teresa zieht zu ihrem Onkel Pedro, der wie viele "Conversos" später der kontemplativen Gemeinschaft der Hieronymiten beitreten wird. Hier beginnt sie mit spiritueller Lektüre – und ist zwischen weltlichem und geistlichem Leben hin- und hergerissen.
Schließlich zwingt sie sich zum Eintritt ins Kloster: Zu groß sind ihre Höllenangst, ihre dankbare Liebe zum leidenden Christus – und ihre Furcht vor der Ehe. Am 2. November 1535 tritt Teresa gegen den Willen ihres Vaters in das "Kloster der Menschwerdung" ihrer Heimatstadt ein und nimmt später den Ordensnamen Teresa von Jesus an. Doch die aufgrund des immensen Frauenüberschusses in Spanien weit über 100 Karmelitinnen umfassende Einrichtung ist mehr Damenstift als Kloster: Als Adelsdame steht Teresa dort eine eigene Wohnung zu, sie empfängt Besuch und tätigt Einkäufe.
Im Jahr 1538 erkrankt Teresa so schwer, dass sie zu einer vermeintlichen Heilerin gebracht wird. Auf dem Weg macht sie wieder bei ihrem Onkel Pedro Halt, wo sie zum ersten Mal über das von ihr schon lange geübte "innere Gebet" liest. Diese Gebetslehre wird sie auf ihrer geistlichen Suche begleiten. Doch zunächst verschlechtert sich ihr Zustand und sie kehrt in ihr Kloster zurück. Dort wird Teresa aufgrund einer todesähnlichen Starre beinahe lebendig begraben und bleibt fast drei Jahre gelähmt. Auch nach ihrer teilweisen Genesung im Jahr 1542 wird sie nie wieder ganz gesund werden.
Rettung aus schwerer Krise
Die Krankheit hinterlässt auch unsichtbare Spuren: Teresa durchlebt spirituelle Krisen und gibt zeitweise sogar das "innere Gebet" auf. Sie meint für die Freundschaft mit Gott unwürdig zu sein. Hinzu kommt der Tod ihres Vaters im Jahr 1543. Erst ein geistliches Erlebnis in der Fastenzeit des Jahres 1554 befreit Teresa aus ihrer Zerrissenheit: Die Betrachtung einer unscheinbaren Statue des Schmerzensmannes erfüllt sie plötzlich mit der festen Gewissheit, dass Gottes rettende Barmherzigkeit auch in ihr wirksam ist. Teresa nennt es ihre "zweite Bekehrung".
Es folgen weitere mystische Erfahrungen, welche Teresa zunächst in Schrecken versetzen. Verständige Dominikaner und Jesuiten aber sprechen ihr Mut zu und fordern sie sogar auf, die Visionen schriftlich festzuhalten. Teresa bemüht sich, Unsagbares in Textform zu fassen. Unter einem gewissen Zeitdruck verfasst sie über die Jahre hinweg immer weitere solcher Berichte. Teresa entwickelt sich allmählich zur geübten Schriftstellerin – ein gefährliches Unterfangen.
Denn zeitgleich ordnet die Inquisition die Verbrennung aller auf Spanisch verfassten geistlichen Bücher an. Frauen wird jede Art von Lehrtätigkeit ausdrücklich untersagt. Doch da ist aus der verängstigten Karmelitin bereits eine charismatische Führungspersönlichkeit geworden. Teresa sammelt Gleichgesinnte um sich, mit denen sie die Gründung eines Reformklosters plant.
Im Herbst 1560 erteilt Papst Pius IV. die Erlaubnis zur Gründung eines neuen Karmels in Ávila, in dem die ursprüngliche Ordensregel wieder gelten soll. Die Gemeinschaft zählt damit zu den "Unbeschuhten", wie spanische Reformbewegungen damals genannt werden. Doch von deren üblichen Rigorismus hält Teresa wenig. "Sanftheit" im Umgang ist für sie ein geistlicher Wert und ihre Schwestern sollen im Herzen bei Gott wie bei einem Freund verweilen. Teresas Ordensideal ist apostolisch: Die Fürbitten ihrer Gemeinschaft sollten so grenzenlos sein wie der göttliche Heilswille selbst.
Die geistliche Schriftstellerin
1562 veröffentlicht Teresa nach etwa 12 Schreibjahren ihre gesammelten Berichte unter dem Titel "Das Buch meines Lebens". Es ist keine Autobiographie im modernen Sinne. Vielmehr blickt Teresa auf ihr geistliches Leben, bekennt ihre eigene Unzulänglichkeit und preist die unverdienbare Gnade Gottes. Ihr eigener Wunschtitel lautet: "Von den Erbarmungen Gottes". Vier Jahre später erscheint mit "Weg der Vollkommenheit" Teresas spiritueller Ratgeber für ihre Schwestern. Einfühlsam und humorvoll möchte sie mithilfe praktischer Beispiele auch andere zum "inneren Gebet" ermutigen.
Als sie im Jahr 1568 den Karmeliten Johannes vom Kreuz kennenlernt, ist es der Beginn einer lebenslangen geistlichen Freundschaft. Seine mystische Theologie prägt auch ihr im Jahr 1577 veröffentlichtes Hauptwerk "Die Seelenburg". Darin vergleicht Teresa das Selbst des Menschen mit einer aus sieben Wohnungen bestehenden Festung. Sie gelte es reisend zu durchleben, um im Innersten der Burg Gott zu begegnen: Je größer die Gotteserkenntnis, desto größer auch die Selbsterkenntnis.
Mit Hilfe ihres Freundes Johannes vom Kreuz gründet sie auch einen Reformzweig der männlichen Karmeliten. Damit gehört sie zu den wenigen Frauen, die auch einen Männerorden gegründet haben. Das "herumvagabundierende Weibsbild" reist durch ganz Spanien und baut 16 Frauen- und Männerklöster. Über ihren Umgang mit Hindernissen, notwendige Hartnäckigkeit beim Verhandeln und gefährliche Reisen berichtet Teresa in ihrem "Buch der Gründungen". Papst Gregor XIII. erkennt die "Unbeschuhten" Karmeliten im Jahr 1581 als eigene Ordensprovinz an.
Im September 1582 wird Teresa nach Alba de Tormes gerufen, wo sie der jungen Herzogin bei der Geburt beistehen sollte. Unterwegs erkrankt sie schwer und stirbt im dortigen Karmel am 4. Oktober 1582. Einen Tag später (aufgrund der Gregorianischen Kalenderreform einem 15. Oktober) wird sie beigesetzt.
Obwohl Teresa bereits im Jahr 1622 heiliggesprochen wird, lässt ihre Ernennung zur Kirchenlehrerin lange auf sich warten: Erst 1970 verleiht Papst Paul VI. ihr als erster Frau überhaupt diesen Ehrentitel. Ihre Bücher und Briefe voll tiefer Gottesfreundschaft, wacher Menschenkenntnis und heiligem Humor haben nichts an Aktualität eingebüßt und inspirieren bis heute Leser weit über Sprach- und Konfessionsgrenzen hinaus.
Das ursprüngliche Porträt wurde durch einen neuen Text ersetzt.