Abschied von Rupert Neudeck mit vielen "boat people"

"Abbruch eines Lebens"

Veröffentlicht am 14.06.2016 um 14:25 Uhr – Lesedauer: 
Trauer

Köln ‐ Familie, Freunde und Flüchtlinge haben Abschied von Rupert Neudeck genommen. Bei einem Trauergottesdienst mit rund 2.000 Gästen sagte der Kölner Kardinal Woelki, Neudecks Mission sei noch lange nicht beendet.

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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki würdigte den Mitbegründer der Hilfsorganisationen Cap Anamur und Grünhelme als "treuen und ehrlichen Freund" und "unbedingten Humanisten".

Woelki: Neudeck hat sich Elend zu eigen gemacht

Der "nimmermüde Rupert Neudeck" habe sich das Elend von Ertrinkenden und Flüchtlingen zu eigen gemacht und damit gezeigt, dass in jedem Menschen das Antlitz Gottes zu entdecken sei. Neudeck habe durch seine Überlebenshilfe "Gott unter uns lebendig werden lassen". Auch wenn er schon 77 Jahre alt gewesen sei, erscheine ihm Neudecks Tod wie der "Abbruch eines Lebens", sagte der Erzbischof. Seine Mission scheine noch lange nicht beendet.

Der Schriftsteller Navid Kermani sagte in einer Ansprache nach dem Gottesdienst, nicht nur die Familie vermisse Neudeck. Dem Gemeinwesen fehle "seine Stimme in Zeiten des wiederkehrenden Nationalismus, seine Tat in Zeiten der Flüchtlingsnot, seine Versöhnung in Zeiten des Terrors, seine Menschenfreundlichkeit, die über das gewöhnliche Maß hinausgeht".

Die Beisetzung Neudecks war bereits im engsten Familienkreis erfolgt. An der Trauerfeier nahmen der frühere Bundestagspräsident und SPD-Politiker Wolfgang Thierse, der ehemalige Fernsehmoderator Alfred Biolek, der Journalist Franz Alt, der stellvertretende CDU-Bundevorsitzende und NRW-Landeschef Armin Laschet sowie der FDP-Politiker Gerhart Baum teil.

Neudeck war am 31. Mai nach einer Herzoperation im Alter von 77 Jahren gestorben. Der gebürtige Danziger hatte 1979 mit Unterstützung des Schriftstellers Heinrich Böll (1917-1985) das Komitee "Ein Schiff für Vietnam" gegründet, das bis 1982 mehr als 11.000 "boat people" im Chinesischen Meer rettete.

Organisation "Grünhelme" gegründet

Daraus ging 1982 das Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte hervor. 2002 rief der Vater von drei Kindern die interreligiöse Organisation "Grünhelme" ins Leben, in der sich junge Handwerker verpflichten, beim Aufbau von Häusern, Dörfern oder zerstörten Wasserleitungen in Krisengebieten zu helfen.

Neudeck entging als Kind auf der Flucht aus Ostpreußen nur knapp dem Untergang des Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff", das von sowjetischen Torpedos versenkt wurde. Später studierte er Theologie und wurde kurzzeitig Novize bei den Jesuiten. Dann arbeitete er als Journalist unter anderem beim Deutschlandfunk. (KNA)

Linktipp: Ein Extremist in Sachen Nächstenliebe

Um die Welt besser zu machen, braucht es das Gleichnis des barmherzigen Samariters, mehr nicht. Davon war Rupert Neudeck überzeugt. Der katholische Glaube war Antrieb für seine radikale Nächstenliebe.