Abtreibungsbefürworter kündigen Volksinitiative an
Am Sonntag hatten Tausende Menschen vor dem Parlamentsgebäude in Warschau sowie in anderen Städten des Landes gegen das von einer Volksinitiative und der katholischen Kirche geforderte fast vollständige Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen protestiert. Ministerpräsidentin Beata Szydlo erklärte, sie unterstütze die Initiative für eine Verschärfung des Abreitungsgesetzes, die Regierung bereite jedoch hierfür keinen eigenen Gesetzentwurf vor.
Der Entwurf der Abtreibungsgegner sieht vor, dass Schwangerschaftsabbrüche - außer bei Gefahr für das Leben der Frau - mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Zugleich sollen Eltern von behinderten Kindern mehr staatliche Hilfe erhalten. Die Parlamentskanzlei muss in den kommenden Tagen über die Zulassung der Volksinitiative entscheiden. Gibt sie grünes Licht, haben die Organisatoren von der Stiftung "Pro - Recht auf Leben" drei Monate Zeit, um die erforderlichen 100.000 Unterschriften zu sammeln, damit sich das Parlament mit dem Gesetzesvorschlag befassen muss. Die Stiftung hofft dabei auf die Unterstützung der katholischen Kirche. Einen Volksentscheid können die Bürger in Polen nicht herbeiführen.
Rund 100.000 illegale Abtreibungen pro Jahr
Polens Abtreibungsgesetz ist schon jetzt eines der strengsten in Europa. Nur bei Missbildung oder unheilbarer Krankheit des Fötus, bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Frau sowie nach einer Vergewaltigung oder Inzest sind Schwangerschaftsabbrüche erlaubt. 2014 wurden in Polen nach Regierungsangaben 977 Abtreibungen registriert - 226 mehr als 2013. In 927 Fällen sei als Grund eine diagnostizierte schwere Behinderung oder eine schwere Krankheit des Fötus angegeben worden. Nach Schätzungen von Frauenrechtlerinnen treiben jedes Jahr rund 100.000 Polinnen illegal ab, viele von ihnen im Ausland.
Die Polnische Bischofskonferenz sprach sich in einem am Sonntag in den katholischen Gottesdiensten verlesenen Hirtenbrief indirekt für die Unterstützung der Volksinitiative der Abtreibungsgegner aus. "In der Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens darf man sich nicht mit dem derzeitigen Kompromiss zufriedengeben", heißt es darin. Das fünfte Gebot «Du sollst nicht töten» müsse eingehalten werden. (KNA)