Andacht in Rom
Die Andacht zu Leiden und Sterben Christi am Karfreitagabend stand in diesem Jahr im Zeichen von Wirtschaftskrise und Flüchtlingsströmen. Im Schein Tausender Kerzen und Fackeln wurde das Holzkreuz unter anderem von Obdachlosen, Flüchtlingen und Strafgefangenen von Station zu Station getragen.
Ungerechtigkeiten, die durch die Wirtschaftskrise entstanden seien, lasteten vor allem auf den "Schultern der Arbeiter", hieß es in einer der Meditationen. Arbeitslosigkeit, Entlassungen und Finanzspekulationen müssten bekämpft werden. Gleiches gelte für Korruption, überhöhte Zinsen und Firmenfluchten ins Ausland.
Folgen illegaler Mafia-Machenschaften angeprangert
Zugleich beteten die Gläubigen für eine größere Offenheit gegenüber Flüchtlingen. Die Tür müsse offenbleiben für jene, die anklopften, "um Asyl, Würde und Heimat zu finden". Der Rassismus müsse überwunden werden. In einem anderen Text ging es um Kinder, die Opfer giftiger Dämpfe wurden, die illegale Müllverbrennungen der Mafia zwischen Rom und Neapel verursachten. Der Verfasser der Meditationen, Bregantini, leitet die Kommission für Arbeit und Soziales der Italienischen Bischofskonferenz.
Das Kreuz wird auf den 14 Stationen der Zeremonie traditionell weitergegeben. In diesem Jahr trugen es unter anderem Migranten, Obdachlose, Gefängnisinsassen und ein Kardinal. Die abendliche Feier am Wahrzeichen Roms gilt als besonders ergreifend - Tausende Gläubige, Pilger und Touristen nehmen jedes Jahr im Schein von Fackeln daran teil.
"Jesus führe uns vom Kreuz zur Auferstehung und lehre uns, dass das Böse nicht das letzte Wort haben wird, sondern die Liebe, die Barmherzigkeit und die Vergebung", betete der Papst zum Abschluss des eineinhalbstündigen Kreuzwegs. Die Menge applaudierte nach seiner kurzen Ansprache und rief laut "Viva il papa".
Hausprediger des Papstes gegen überhöhte Managergehälter
Am Freitagnachmittag leitete der Papst vor Hunderten Gläubigen im Petersdom die traditionelle Karfreitagsliturgie. In dem Gottesdienst zum Leiden und Sterben Jesu hatte sein Hausprediger Raniero Cantalamessa überhöhte Managergehälter angeprangert. Es sei ein Skandal, dass manche Menschen Gehälter und Pensionen bezögen, "die hundertmal größer sind als die derer, die für sie arbeiten", sagte Cantalamessa. Empörend sei auch, dass ausgerechnet diese Menschen sofort protestierten, "wenn sich am Horizont auch nur die Möglichkeit abzeichnet, zugunsten einer größeren sozialen Gerechtigkeit auf etwas verzichten zu müssen", so der italienische Kapuzinerpater. Schuld daran sei die Geldgier. Geld sei "der Anti-Gott".
Das Geld errichte ein "alternatives spirituelles Universum", so Cantalamessa weiter. Die Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung bezögen sich darin nicht mehr auf Gott, sondern auf das Anhäufen von Reichtum. So entstehe "eine finstere Umpolung aller Werte". Hinter Prostitution, organisiertem Verbrechen, politischer Korruption, sowie dem Handel mit Waffen und Organen stehe letztlich stets die Geldgier, sagte der Theologe. Auch Judas habe Jesus nach biblischem Bericht um des Geldes Willen verraten, erläuterte er. Frühere Erklärungsversuche, die in Judas einen politischen Revolutionär gesehen hätten, der Jesus aus Enttäuschung ausgeliefert habe, seien unzutreffend.
In der "Feier vom Leiden und Sterben Christi" im Petersdom predigt traditionell der päpstliche Hausprediger. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes stehen die Verehrung des Kreuzes und der Vortrag der biblischen Passionsgeschichte. Hierzu waren zahlreiche Kardinäle und Bischöfe sowie beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomaten gekommen. Eine Eucharistiefeier findet an diesem Tag in der katholischen Kirche nicht statt. (luk/KNA/dpa)