"Anschlag auf alle Menschen und auf Europa"
"Als Christen und über Religionen und Weltanschauungen hinweg werden wir trotz des Terrors zusammenstehen", erklärten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, am Samstag in Bonn und Hannover. "Wir sind tief erschüttert über die hasserfüllte Welle der Gewalt in Paris", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. "In diesen Stunden gilt unsere Anteilnahme den Opfern und Angehörigen. Wo die Worte über die unfassbaren Taten versagen, ist für uns Christen Zeit zu beten. Wir beten für die Opfer." Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sprach im "domradio" ein "Vater unser" für die Opfer.
Auch Papst Franziskus hat die Nachrichten von den Terroranschlägen mit Bestürzung aufgenommen. "Wir sind erschüttert von diesem neuen Ausbruch von terroristischer Gewalt und von Hass", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstagmorgen gegenüber Radio Vatikan. Der "Angriff auf den Frieden der gesamten Menschheit" sei aufs Schärfste zu verurteilen. Der Anschlag verlange "nach einer klaren und solidarischen Entscheidung aller, um der Ausbreitung des mörderischen Hasses in all seinen Formen entgegenzutreten", so der Sprecher weiter. Der Papst bete für die Opfer, die Verletzten und das ganze französische Volk.
Sonntagabend findet eine Messe in die Kathedrale von Notre Dame statt
Der Erzbischof von Paris, Kardinal Andre Ving-Trois, forderte die Franzosen auf, trotz der Gewalt nicht zu hassen, sondern gnädig zu bleiben, berichtet die französischen Tageszeitung "La Croix" (Online-Ausgabe Samstag). Alle Katholiken von Paris seien am Sonntagabend zu einer Messe in die Kathedrale von Notre Dame eingeladen, "um für die diejenigen, die gestern getötet wurden und ihre Familien zu beten, für die Verletzen und ihre Angehörigen und für die, die hart arbeiten, um sie zu retten". Vingt-Trois will den Sonntag in Frankreich als Trauertag ausrufen lassen.
„Wir Muslime müssen den Terror jetzt entschieden und für jeden laut hörbar verurteilen.“
Die acht größten muslimischen Verbände in der Bundesrepublik verurteilten die Attentate und kündigten für Montag eine gemeinsame Pressekonferenz an. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) sprach von einem "feigen und perfiden Massenmord". Die Terroristen führten "Krieg gegen die Menschlichkeit und damit auch direkt gegen den Islam", betonte der Vorsitzende Aiman Mazyek. Er rief dazu auf, "den Terroristen nun nicht auf dem Leim zu gehen, indem ihre pseudo-religiösen Begründbarkeiten einfach unkritisch übernommen werden".
Gökay Sofuoglu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, warnte vor einer "neuen Welle der Islam-Feindlichkeit". Die Muslime hierzulande und ihre Verbände sollten sich nun ausdrücklich gegen die Gewalt stellen: "Wir Muslime müssen den Terror jetzt entschieden und für jeden laut hörbar verurteilen."
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sieht in den Anschlägen von Paris eine "neue Dimension des islamistischen Terrors in Europa". "Mitten in unserer aufgeklärten Gesellschaften formieren und radikalisieren sich extremistische, barbarische Kräfte, die unsere Lebensweise verachten und unsere Freiheit zerstören wollen. Dieser ungeheuerliche Hass ist die größte Bedrohung für die freie Welt", erklärte sie in der Nacht zu Samstag in München. "Sollte sich der islamistische Hintergrund, insbesondere ein Zusammenhang mit dem Krieg in Syrien bestätigen, realisieren sich die schlimmsten Alpträume."
Bundespräsident Joachim Gauck erklärte in der Nacht zu Samstag: "Ich bin tief erschüttert angesichts der Nachrichten, die uns aus Frankreich erreichen." Seine Gedanken seien "bei den Opfern, ihren Angehörigen und dem französischen Volk". Ähnlich äußerten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). "Wir stehen an der Seite Frankreichs", erklärten sie.
Merkel: "Wir weinen mit Ihnen"
Merkel erklärte am Samstagvormittag im Kanzleramt, nach dieser schrecklichen Nacht "fühlen wir uns Ihnen so nah. Wir weinen mit Ihnen". Der Angriff treffe nicht nur Paris, sondern "uns alle", so die Bundeskanzlerin weiter. Es gelte die Werte für ganz Europa zu bekräftigen, "jetzt mehr denn je".
Am Rande der Syrien-Gespräche in Wien sagte Steinmeier, die Dimension des Grauens, das mit all dem verkörpert werde, übersteige die Vorstellungskraft eines Jeden. Was als Fußballfest, als Freundschaftsspiel der Nationalmannschaften von Deutschland und Frankreich begonnen habe, "endete als Inferno des Terrors gestern Abend".
Bei den Angriffen in Paris kamen mindestens 120 Menschen ums Leben. Rund 200 Menschen sind verletzt. Nach mehreren Medienberichten sollen an mindestens sechs Orten Anschläge stattgefunden haben. Experten gehen von Anschlägen von islamistischen Terroristen aus. Präsident Francois Hollande verhängte den Ausnahmezustand.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat Frankreich die Unterstützung deutscher Spezialkräfte angeboten. "Wir sind mit unseren Gedanken bei unseren französischen Freunden und den Familien der Opfer. Ich stehe in engem Kontakt mit meinem französischen Kollegen", erklärte der CDU-Politiker in Berlin. (bod/KNA)
14.11.2015, 10.18 Uhr: ergänzt um die Beileidsbekundung von Papst Franziskus
14.11.2015, 12.45 Uhr: ergänzt um Kardinal Woelki und die französische Kirche
15.11.2015, 14.30 Uhr: ergänzt um die muslimischen Verbände