Autor sieht Stunde der Verbände gekommen
In Zeiten von Umstrukturierungen innerhalb der katholischen Kirche schlägt aus Sicht von Buchautor Heinrich Wullhorst die Stunde der Verbände. Der Wandel biete "eine ganz große Chance, die sie überall nutzen müssen, wo die Kirche es aus ihrer Personalsituation heraus gar nicht mehr kann", sagte Wullhorst dem "Neuen Ruhr-Wort" vom Samstag.
Leuchtturm oder Kerzenstummel?
In immer größer werdenden Pfarreien stelle sich die Frage, wo Gemeinde noch als "vertraute Einheit" vor Ort stattfinden könne. "Und genau da sind die Verbände gefragt als Gemeinde", sagte Wullhorst, der das Buch "Leuchtturm oder Kerzenstummel? Die katholischen Verbände in Deutschland" geschrieben hat.
Aus seiner Sicht können die Verbände Leuchttürme sein, "wenn sie denn leuchten wollen". Wullhorst, der einst Kolping-Sprecher war, betonte: "Das heißt, wenn sie profiliert auftreten, klar und deutlich ihre Positionen benennen und sie dann auch gegenüber Kirche und Politik offensiv vertreten."
Verbandsvertreter hätten ihm gesagt, dass sie auf die Zukunft hin dächten und auch Änderungsprozesse durchführen müssten. "Die Mentalität, die den Verbänden gerne vorgeworfen wird, auf Traditionen zu beharren, habe ich in den Bundesebenen der Verbände gar nicht vorgefunden", so Wullhorst.
Die Verbände müssten dem demografischen Wandel gerecht werden und neue Angebote schaffen, empfiehlt er. "Die Verbände sind gefragt, attraktiv für junge Menschen, gerade für junge Familien zu werden." Und: "Wenn es ihnen gelingt, Menschen Heimat und Nähe zu geben, dann werden diese Organisationen überleben." Ein weiterer wichtiger Punkt sei, in der politischen Debatte präsent zu bleiben.
Die Verbände würden in der Öffentlichkeit allerdings auch mit Vorgängen in der Kirche verbunden. So hätten Skandale, die die katholische Kirche erschütterten, etwa der Missbrauchsskandal, auch die Verbände getroffen, sagte Wullhorst. "Dieser Rucksack ist letztlich auch den katholischen Verbänden auf den Rücken geschnallt."
Bischof Overbeck gab Anstoß für das Buch
Auf die Idee für das Buch ist Wullhorst nach eigenen Angaben durch eine Äußerung des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck gekommen. Der habe im vergangenen Jahr in einem Vortrag gesagt, die Verbände seien "nicht aus unserer Zeit". Zwar hätten ihre Anliegen weiterhin Berechtigung, aber ihre Organisationsform hätte sich überholt, so gibt Wullhorst den Bischof wieder. Diese Aussage Overbecks habe ihn bewogen, "dem Ganzen mal nachzugehen" und ein Buch zu verfassen, so Wullhorst. (gho/KNA)