Kardinal Marx über Flüchtlinge, Asylrecht und die AfD

"Barmherzigkeit kennt keine Grenze"

Veröffentlicht am 06.02.2016 um 13:14 Uhr – Lesedauer: 
"Barmherzigkeit kennt keine Grenze"
Bild: © KNA
Flüchtlinge

Passau ‐ Für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen, aber gegen eine Beschränkung des deutschen Asylrechts: Kardinal Reinhard Marx hat dafür plädiert, den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland an der Barmherzigkeit auszurichten.

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Gleichzeitig betonte der Kardinal: "Barmherzigkeit kennt keine Grenze. Genauso wenig, wie es für unser Asylrecht eine Beschränkung nach oben gibt." Jeder, der europäischen Boden betrete, müsse anständig behandelt werden und ein faires Verfahren erhalten, sagte Marx, der auch Vorsitzender der EU-Bischofskommission COMECE ist. "Die Grenze Europas darf keine Grenze des Todes sein."

Eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen könne nicht erst dann gelingen, "wenn die Menschen an unseren Grenzen stehen", führte Marx aus. Es gelte, stärker in den Heimat- und Nachbarländern der Flüchtenden zu helfen. "Das reiche Europa trägt eine hohe Last, Deutschland besonders - keine Frage", räumte der Kardinal ein. Aber im Vergleich zu Ländern in den Krisenregionen Afrikas und des Nahen Osten sei diese Last "viel geringer".

Scharfe Kritik an der AfD

Scharf kritisierte Marx die Haltung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) in der Flüchtlingskrise. "Überlegungen, an den Grenzen auf wehrlose Flüchtlinge zu schießen, sind inakzeptabel und menschenfeindlich", so der Kardinal. Und weiter: "Parteien, die so etwas äußern, sind keine Alternative für Deutschland."

Das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit hierzulande erschrecke ihn, so Marx. Es habe in Deutschland immer ein "gewisses Potenzial an Rechtsextremismus und auch Rassismus" gegeben. Diese Ideologie habe sich "offenbar weiter verfestigt". Der Kirchenvertreter beklagte in diesem Zusammenhang eine "Verrohung" der Sprache. "Wir erleben Hetze gegen Fremde, bis in bürgerliche Kreise hinein", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. "Der Firnis der Zivilisation ist offenbar doch nicht so dick wie immer gedacht."

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Evangelischen Kirchentag 2015.
Bild: ©picture alliance / dpa

"Höchsten Respekt" äußerte Kardinal Marx in dem Interview für Kanzlerin Angela Merkel und für "ihren Mut und ihre Bereitschaft", in der Flüchtlingskrise Verantwortung zu übernehmen.

Marx äußerte "höchsten Respekt" für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und für "ihren Mut und ihre Bereitschaft, in dieser schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen". Merkel handele "nicht blauäugig, sondern durchdacht". Der Kardinal: "Politik bedeutet eben, nicht nur einfach Stimmungen zu folgen, sondern Zielen und Prinzipien."

In dem Interview äußerte sich Marx auch zu einem möglichen Besuch von Papst Franziskus in Deutschland: "Ich würde mich freuen, wenn er kommt. Aber das ist seine Entscheidung." Die deutschen Bischöfe hätten Franziskus 2015 offiziell eingeladen. Das Übrige liege bei ihm.

Papst hat "für viel Bewegung gesorgt"

Marx, der auch Berater des Papstes im sogenannten K-9-Rat zur Reform der römischen Kurie ist, lobte zudem die Veränderungen in der Amtszeit von Franziskus. Der Papst setze "auf eine andere Sprache, andere Schwerpunkte"; er habe "für viel Bewegung gesorgt". Franziskus wünsche sich "Unruhe im Denken; er will, dass wir in der Kirche aus unserer Selbstbezogenheit ausbrechen". Natürlich gebe es auch immer einige, die sich "mehr und anderes wünschen". Aus seiner Sicht, so der Kardinal, sei aber in "drei Jahren eine Menge passiert".

Im Nachgang der Weltbischofssynode zur Familie rechnet Marx nach eigenen Worten "nicht mit einschneidenden Veränderungen". Die Weltkirche könne sich nicht einfach "an dem ausrichten, was wir hier in Deutschland für richtig halten". Es sei jedoch schon viel wert, dass man sich bei der Bischofssynode überhaupt so ausführlich mit Ehe, Familie und Sexualität beschäftigt habe. "Ich hätte mir vielleicht noch mehr vorstellen können", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz; "aber Synode bedeutet eben, einen gemeinsamen Weg mit allen zu gehen." (stz/KNA)