Besser sehen und hören im Petersdom
Rund 20.000 Besucher kommen jeden Tag in den Petersdom, um die Pracht der größten Kirche der Welt zu bestaunen. Wenn Sie die Kathedrale betreten, dann erwartet sie bald ein völlig neues Hör- und Seherlebnis – denn der Vatikan lässt die altehrwürdigen Mauern derzeit mit modernster Technik ausrüsten.
Digitale Töne
Der erste technische Revolution fand bereits am Heiligabend 2017 ihre Premiere: Während der Christmette mit Papst Franziskus erklang erstmals die neue digitale Orgel, die mit ihrer elektronischen Klangerzeugung den 15.000 Quadratmeter großen Kirchenraum noch besser ausfüllen soll als das bisherige Instrument. Steven Markowitz, Chef des renommierten US-Orgelbauunternehmens "Allen" reiste im Dezember in den Vatikan, um den Aufbau zu überwachen und den Papst-Organisten Juan Paradell-Sole einzuweisen.
Das neue Instrument wird nach Vatikan-Angaben künftig vor allem bei großen Gottesdiensten die herkömmliche Pfeifen-Orgel ersetzen. Diese habe schon immer Schwierigkeiten gehabt, das komplette Langschiff zu beschallen, erklärte Massimo Palombella, Leiter des päpstlichen Chors Cappella Sistina, jetzt gegenüber Radio Vatikan. Denn erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sei damit begonnen worden, den Petersdom in seiner kompletten Größe für Gottesdienste zu nutzen. Dafür sei die Pfeifen-Orgel nicht gerüstet: Sie sei eigentlich für kleinere Feiern am Hochaltar von Sankt Peter gedacht, bei denen sie auch weiter eingesetzt werde, so Palombella.
Bisher seien bei größeren Anlässen die mechanisch erzeugten Pfeifen-Töne elektronisch verstärkt worden, was allerdings nie zu wirklich befriedigenden Ergebnissen geführt habe. So gab es störende Hintergrundgeräusche und verzerrte Frequenzen. Ein weiterer Vorteil der neuen digitalen Orgel sei zudem, dass sie leicht auf den Petersplatz oder an andere Orte transportierbar sei. "Neue Anforderungen erfordern neue Lösungen", findet Palombella, der sich vom Klang des vom Erbauer gestifteten digitalen Instruments begeistert zeigt.
Eher leise und noch im weitgehend Verborgenen schreitet derweil ein zweites technisches Großprojekt voran. Es soll laut Plan genau ein Jahr nach der Orgel-Premiere, zu Weihnachten 2018, den Petersdom buchstäblich in neuem Licht erstrahlen lassen: eine neue Innenbeleuchtung mit LED-Lampen. Damit beauftragt wurde die Firma Osram, die zuvor auch schon den Petersplatz mit modernem Flutlicht ausstattete und in der Sixtinischen Kapelle Leuchten installierte, die kaum Wärme und UV-Strahlen aussenden und so die wertvollen Deckenfresken Michelangelos schützen.
„Der Petersdom ist mein Lebensprojekt.“
Stolze 85 Prozent des bisherigen Stromverbrauchs will der Vatikan durch die neue Lichttechnik einsparen. Erste Tests begannen im November vergangenen Jahres, wie der Münchener Osram-Physiker Mourad Boulouednine der Süddeutschen Zeitung (SZ) in einem Interview verriet. Nach seinen Angaben soll die neue Beleuchtung in luftiger Höhe im Umlauf des Petersdoms angebracht werden und den Besuchern möglichst gar nicht auffallen. Im Gegenteil: Sie sollen den Eindruck bekommen, das Kirchenschiff werde durch Tageslicht erhellt. Gleichzeitig sollen künftig alle Gewölbe, Kunstwerke, Goldverzierungen und auch die steingrauen Oberflächen gut und in "rechtem Licht" zu sehen sein. Wie Boulouednine berichtet, soll es mit der neuen Lichtanlage außerdem möglich sein, das Licht zu dimmen und dem Tageslichteinfall anzupassen. Entscheidend bei dem Projekt sei, dass "die Technik nicht in Konkurrenz steht zu den Kunstwerken. Je weniger man von ihr sieht, desto besser."
Aus Versehen das Licht ausschalten?
Der 50-jährige ist beeindruckt von seinem neuen Auftrag. Schon als es 2014 um die Sixtinische Kapelle ging, habe er gedacht, "das ist jetzt mein Lebensprojekt. Aber der Petersdom ist es nun wirklich", sagte er der SZ. Ein bis zweimal im Monat sei er zurzeit in dem riesigen Gebäude, unter dessen Besuchern "immer so eine ergriffene Atmosphäre" herrsche. Dass mal einer aus Versehen das Licht ausschalte, könne übrigens nicht passieren. Denn der Lichtschalter befinde sich in 30 Meter Höhe in einem Schaltraum mit professioneller Technik. "Da funktioniert alles automatisch", so Boulouednine.