Bewährungsprobe für den neuen Erzbischof
Denn Gegner und Befürworter einer Umgestaltung der Bischofskirche stehen sich anscheinend unversöhnlich gegenüber. Bei dem Projekt, das er von seinem Amtsvorgänger Rainer Maria Woelki erbte, ist Koch vor allem als Schlichter herausgefordert. Der Streit entzündete sich an dem Architektenentwurf, der im vergangenen Jahr bei einem Wettbewerb siegte. Das Konzept sieht unter weiteren tiefgreifenden Umbauten vor, die Bodenöffnung in der Mitte der Kathedrale zu schließen.
Besonders Katholiken aus dem früheren Ostteil des Bistums und Denkmalpfleger wollen diese ungewöhnliche Raumgestaltung erhalten. Der Architekt Hans Schwippert (1899-1973) schuf sie vor gut 50 Jahren beim Wiederaufbau der Kathedrale. Die Befürworter eines Umbaus plädieren dagegen für das Konzept des Architektenbüros Sichau und Walter. Danach steht anstelle der zentralen Öffnung der Altar im Zentrum des Rundbaus und wird von Stuhlreihen umgeben.
Kostenschätzung liegt auf dem Tisch
Am Donnerstag wandte sich Erzbischof Koch erstmals mit seinen Vorstellungen zum weiteren Vorgehen an die Öffentlichkeit und ließ Kostenschätzungen vorlegen. Danach würde die Umsetzung des Architektenentwurfs rund 43 Millionen Euro kosten, eine Restaurierung und Sanierung etwa von Heizung, Lüftung sowie Elektroanlagen ohne Umbau dagegen 16,8 Millionen Euro, wie der erzbischöfliche Baudezernent Bernd Jünemann erläuterte. Ein Finanzierungskonzept will das Erzbistum erst nach einer richtungsweisenden Entscheidung vorlegen.
Fest steht jedoch bereits, dass es das Projekt nicht aus eigenen Mitteln stemmen kann, vor allem dann, wenn die Wahl auf die aufwändigere Variante fällt. Als Rücklagen für Bauvorhaben stehen zwar rund 35 Millionen Euro zur Verfügung, wie Jünemann bestätigte. Sie sind jedoch für alle Immobilien des Erzbistums angespart. Deshalb wird Erzbischof Koch nach seinen Worten auch bei anderen Bistümern "betteln gehen".
Die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits ihre Unterstützung für die Hauptstadt-Kathedrale zugesichert, in der auch Gottesdienste bei wichtigen staatlichen Anlässen gefeiert werden. Außerdem rechnet das Erzbistum mit einem Bundeszuschuss in zweistelliger Millionenhöhe. Koch versicherte, dass das Bauvorhaben nicht auf Kosten der Flüchtlingshilfe und anderer sozialer Aktivitäten des Erzbistums geht. Auch werde er das Erzbistum deswegen nicht in eine "erneute Finanzkrise" führen, versprach er in Anspielung auf die vor zehn Jahre drohende Pleite.
Debatte am 15. Dezember
Anfragen gibt es zwar auch, inwieweit Baumaßnahmen die Standfestigkeit des Gotteshauses gefährden könnten. Das Erzbistum schließt dies aus, nachdem es ein Bodengutachten erstellen ließ, so Dompropst Ronald Rother. Erzbischof Koch ist zugleich wichtig, das Projekt nicht auf finanzielle und technische Fragen zu reduzieren. Für den 15. Dezember lud er zu einem Fachsymposium ein, auf dem die unterschiedlichen Positionen zur Debatte stehen. Er selbst hat nach eigenem Bekunden "noch vier Seiten Fragen dazu".
Den Experten gibt der Erzbischof auf, auch darüber zu beraten, wie seine Bischofskirche ihre gottesdienstlichen Aufgaben besser erfüllen kann. Überdies soll sie "auch kirchenferne Besucher ansprechen", die christliche Symbolik nicht kennen. Nach der Expertenrunde sollen der Priesterrat, der Laienrat und weitere Spitzengremien des Erzbistums sowie die Domgemeinde ihre Einschätzungen abgeben. Bis zum kommenden Sommer will Koch abschließend über die Sanierung entscheiden.
Zu seiner Erleichterung macht der Erzbischof unter den Berliner Katholiken einen allmählichen Stimmungswandel aus. Zwar erfährt er weiter "massiven Widerstand" gegen die Umbaupläne. Zugleich erhält er immer mehr Zuschriften von Menschen, die "mit der Kathedrale und dem Bischof verbunden bleiben wollen, auch wenn ihre Vorstellungen nicht umgesetzt werden".