Bischöfe beraten über Flüchtlingshilfe
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck mahnte eindringlich eine freundliche Annahme der Flüchtlinge an. "Sie dürfen nicht auf Grenzen, Zäune, Schlepper und Lager stoßen, sich selbst auf das nackte Leben reduziert vorfinden", sagte er im Gottesdienst am Caritas-Sonntag im Essener Dom. Deutschland und Europa müssten zeigen, "dass wir nicht für Abschottung und Selbstbehauptung stehen, sondern Räume der Freundschaft für Menschen auf der Suche nach Sicherheit, Verlässlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand schaffen wollen".
Laut Overbeck sind die Völkerwanderungen des frühen Mittelalters in der postsäkularen Moderne angekommen. "Unser Wohlstand und die Weise, in Frieden zu leben, werden sich ändern", sagte der Geistliche, der auch Sozialbischof der Deutschen Bischofskonferenz ist. "So wie die Flüchtlinge ihre Lebensgewohnheiten ändern müssen, so werden auch wir es tun müssen." Die gewohnten Grenzen des Miteinanders würden gesprengt. Overbeck räumte ein, dass dies bei manchen Angst und Unsicherheit erzeuge. "Hier ist Geduld gefordert, aber auch Klarheit."
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Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.Neymeyr: "Keiner ist freiwillig geflohen"
Auch der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr warb nachdrücklich für die Aufnahme von Flüchtlingen. "Wer zu uns flüchtet, weil Leib und Leben bedroht werden, muss bei uns Schutz finden", forderte er am Sonntag bei einer Bistumswallfahrt nach Erfurt. "Keiner ist freiwillig geflohen", betonte Neymeyr. Auch die Menschen, die aus sicheren Herkunftsländern geflohen seien, hätten keine Perspektive für ihr Leben, "weil unklare Rechtsverhältnisse und die damit verbundene Korruption die wirtschaftliche Entwicklung blockieren". Nicht das Asylrecht sei jedoch dafür die Lösung, sondern der politische Druck auf die sicheren Herkunftsländer.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger rief dazu auf, in Zeiten des Wohlstands sensibel und einfühlsam zu sein, "mit all denen, die unter die Räder kommen - die Flüchtlinge, die derzeit bei uns anklopfen, mit eingeschlossen". Es gelte, Haltung zu zeigen "im Alltag, im Beruf und der Freizeit" und die Menschen zu unterstützen, "die nicht Tritt halten können mit den Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft", sagte Burger am Sonntag in Offenburg. Dies sei wichtiger als "dass die Wirtschaft wächst, der Konsum steigt und wir uns immer noch mehr leisten können".
Woelki: Deutschland erleuchtet Europa
Unterdessen lobte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki Deutschland für die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen. In einem Beitrag für das Kölner Domradio sagte er am Sonntag: "Deutschland leuchtet in diesen Wochen und macht Europa hell. Wir Deutschen haben weit über unsere Grenzen hinaus gezeigt, dass mitfühlende Menschlichkeit und freudige Hilfsbereitschaft in unserem Land zuhause sind." Es sei jetzt aber wichtig, bei diesem Engagement nicht nachzulassen. Die Integration der Flüchtlinge sei eine Aufgabe für Monate und Jahre. "Besonders wir Christen dürfen hier nicht müde werden", mahnte der Erzbischof des größten katholischen Bistums in Deutschland.
Linktipp: Ein Netz aus Hilfe
Papst Franziskus rief jede katholische Einrichtung Europas auf, eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen. Schon am Tag danach hatten sich viele deutsche Bistümer zu Wort gemeldet. Katholisch.de sammelt die Informationen aus den Diözesen.Genn: Flüchtlinge sind keine Gefahr, sondern ein Segen
Das Bistum Münster will zehn Vollzeitstellen für die Flüchtlingsarbeit einrichten. Wie Bischof Felix Genn in Münster mitteilte, habe der Kirchensteuerrat dies am Wochenende beschlossen. Die Mitarbeiter würden auf die Diözese verteilt und bei örtlichen Caritasverbänden angesiedelt. Sie sollen die Flüchtlingsarbeit vor Ort koordinieren und Ehrenamtliche unterstützen.
Scharfe Kritik übte der Bischof an der Zurückweisung von Flüchtlingen. "Wer glaubt, die Flüchtlingsproblematik mit Stacheldraht, Mauern oder Tränengas bekämpfen zu können, befindet sich nicht nur auf dem Holzweg, sondern verleugnet die christliche Identität Europas." Die Flüchtlinge hätten meist Unvorstellbares erlitten. "Sie sind keine Gefahr oder Bedrohung, gegen die wir uns abschotten müssen, sondern sie sind ein Segen für uns und unsere Gesellschaft."
In einem Online-Dossier listet die Deutsche Bischofskonferenz auf, wie sich die 27 Diözesen, die Gemeinden, Hilfswerke und Orden für Flüchtlinge engagieren. Danach haben die Bistümer und Hilfswerke mehr als 73 Millionen Euro für Flüchtlinge bereitgestellt. (kim/KNA/dpa)