Kongress zur Zukunft Europas im Vatikan

Bischöfe wollen Europa voranbringen

Veröffentlicht am 27.10.2017 um 14:52 Uhr – Lesedauer: 
Europa

Vatikanstadt ‐ "(Re)thinking Europe" heißt der Kongress im Vatikan, auf dem Europas Bischöfe über die Zukunft des Kontinents beraten. Gleich zu Beginn ging es dabei um aktuelle politische Krisenherde.

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Ein im Vatikan tagender Kongress zur Zukunft Europas will Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft ins Gespräch bringen. Leitfrage sei, was man gemeinsam tun könne, um "in diesem Europa zu leben und damit das Projekt Europa voranzubringen", sagte der Präsident der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Reinhard Marx, zum Auftakt am Freitag in Rom. An der zweitägigen Dialogveranstaltung "(Re)thinking Europe" beteiligen sich neben Kardinälen und Bischöfen zahlreiche Europapolitiker, Diplomaten und Akteure von der Basis. Zum Abschluss wird Papst Franziskus eine programmatische Rede zu Europa halten.

Marx: Antworten nicht im Gestern suchen

Marx sagte, es gehe um einen Austausch über "Erwartungen, Hoffnungen, aber auch Enttäuschungen" im Blick auf Europa und die Europäische Union. Es sei notwendig, die Menschen in der EU mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen, Erwartungen und Begabungen "wieder stärker in den Mittelpunkt des 'Projekts Europa' zu stellen und sie so zu befähigen, dass sie Akteure sein können". Dabei warnte der Kardinal davor, Antworten "im Gestern zu suchen". Ausdruck einer solchen Haltung seien populistische und rückwärtsgewandte politische Strömungen. "Das ist aber nicht unsere Perspektive", sagte Marx. Er sehe nicht, dass einzelne Bischofskonferenzen in Europa populistische Strömungen unterstützten.

Weiter äußerte Marx sich zur Zukunft der Nationalstaaten in Europ. Diese sei etwa durch die Separationsbestrebungen in Katalonien und anderen Teilen Europas in Frage gestellt. Ohne föderale Strukturen und eine Autonomie für unterschiedliche Kulturen werde es "nicht einfach", so Marx. Das Konzept einer Nation müsse man nicht aufgeben, es brauche aber das "richtige Gleichgewicht". Dabei verwies er auf das deutsche Beispiel mit Bund und Ländern.

Kardinal Reinhard Marx im Porträt
Bild: ©KNA

Kardinal Reinhard Marx ist seit 2012 Präsident der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen Comece.

Zum Brexit sagte Marx, die Abkehr vieler Briten vom Projekt der EU sei ein Diskussionspunkt auch innerhalb der COMECE gewesen. Es sei "nicht leicht zu verstehen", dass ein wichtiges EU-Mitglied nach vielen Jahren des Wachstums der Union die Gemeinschaft verlasse. Für ihn sei das "ein Schock" gewesen, aber die Entscheidung sei zu respektieren. Jetzt müsse man darüber reden, in welchem Verhältnis man die Zukunft gestalten wolle. Dazu gehöre die Ermutigung an die anderen, "Europa neu zu denken".

Gallagher: Kirche will christlichen Beitrag zum Brexit leisten

Der päpstliche Außenbeauftragte Erzbischof Paul Gallagher, ein Brite, sagte, man müsse jetzt dafür sorgen, dass die Situation, in der man sich befinde, funktioniere. Es gelte zu betonen, "dass das Vereinigte Königreich die EU verlässt und nicht Europa". Es gebe unterschiedliche Weisen, in Europa zu sein; der Brexit bedeute nicht, alle Elemente des europäischen Projekts aufzugeben. Die Kirche wolle "einen christlichen Beitrag" zu dieser Situation leisten und dazu beitragen, "dass am Ende der Scheidung alle Parteien besser dastehen als vorher".

Eröffnet wird das Treffen, das zugleich an die Unterzeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren erinnert, von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, COMECE-Präsident Marx und dem Ersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans. Freitagabend ist ein Abendgebet in der Kirche Santa Maria im Stadtteil Trastevere mit der Gemeinschaft Sant'Egidio geplant, die sich besonders der Arbeit mit Armen in Rom widmet. (kim/KNA)