Türkischer Vatikan-Botschafter über Recht und Scharia in Türkei

Botschafter: Selbst Papst kann Yücel nicht helfen

Veröffentlicht am 11.05.2017 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Türkei

Rom ‐ Die türkische Justiz arbeite unabhängig, meint Mehmet Pacaci, Botschafter beim Heiligen Stuhl. Die mögliche Einführung der Todesstrafe hält er für unproplematisch - und begründet das auch theologisch.

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Dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel kann nach Worten des türkischen Botschafters beim Heiligen Stuhl auch ein Gnadenappell des Papstes nicht helfen. "Das türkische Justizsystem arbeitet frei und unabhängig. Es hat nach seinen Regeln und der Beweislage zu entscheiden, ob eine Person schuldig ist oder nicht. Da kann niemand eingreifen", sagte der Diplomat Mehmet Pacaci der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Yücel sitzt seit Ende Februar im Gefängnis Silivri bei Istanbul in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem deutsch-türkischen Journalisten, der als Korrespondent für die Zeitung "Die Welt" arbeitet, "Propaganda für eine terroristische Vereinigung" sowie Aufwiegelung vor.

Was die Diskussion über die Todesstrafe in der Türkei angehe, so artikuliere Präsident Erdogan nur "die Forderungen der Menschen", meint Pacaci, der auch ein namhafter islamischer Theologe seines Landes ist. Theologisch sei eine Wiedereinführung aus seiner Sicht kein Problem: "Wenn jemand vorsätzlich einen anderen Menschen tötet und dies zweifelsfrei feststeht, kann - aber muss nicht - als Sanktion die Todesstrafe folgen. Der Islam ermutigt Angehörige des Opfers, dem Täter zu vergeben". Das Rechtssystem in der Türkei sei jedoch säkular und habe mit religiösem Recht nichts zu tun. (gho/KNA)