Bruch mit kirchlicher Tradition
Laun bricht damit mit einem jahrzehntelangen Usus, wonach Bischöfe nicht für politische Kandidaten werben. Erst vor einer Woche hatte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn im Interview der "Kleinen Zeitung" betont, es sei in Österreich gute Tradition, dass die Kirche keine Position für Parteien beziehe. "Es ist Gott sei Dank seit Jahrzehnten üblich, dass die Bischöfe keine Wahlempfehlungen geben, weil sie darauf vertrauen, dass die Katholikinnen und Katholiken in unserem Land nach ihrem besten Wissen und Gewissen entscheiden", so der Wiener Erzbischof. Daran hielten sich bislang auch alle Bischöfe.
Katholische Frauenbewegung wirbt für Van der Bellen
"So, wie das Angebot jetzt ist, kann man nur Hofer wählen und beten für ihn und für Österreich", schrieb Laun nun in einem Gastbeitrag für das Portal "Kath.net" (Donnerstag). Van der Bellen stehe "in allen heiklen und gefährlichen Fragen, vom Lebensschutz über die Gottesfrage bis Gender auf der falschen Seite". Was man von Hofer höre, sei hingegen "vernünftig und in Ordnung", so der Weihbischof.
Die Worte des FPÖ-Kandidaten gäben "Zuversicht, dass er das Naturrecht achtet (...) und dass er, durch sein Gewissen vermittelt, Gott in den wesentlichen Punkten gehorchen wird". Gleichzeitig beklagte sich Laun über die Katholische Frauenbewegung, die "Werbung" für Van der Bellen mache. Diese hatte sich am Mittwoch dezidiert für den Grünen-Kandidaten ausgesprochen. Zuvor hatte die FPÖ-Frauensprecherin Carmen Schimanek den Medien fälschlich mitgeteilt, die kfbö habe eine Wahlempfehlung für Hofer abgegeben. Schimanek widerrief ihre Aussage auch nicht, nachdem die katholische Frauenorganisation diese für unrichtig erklärt hatte.
Weitere kirchliche Laienorganisationen forderten darüber hinaus zur Teilnahme an der Wahl auf - jedoch meist ohne eine konkrete Wahlempfehlung. Auch Kardinal Schönborn hatte in seinem Interview lediglich betont, beide Kandidaten für die Hofburg kämen aus politischen Richtungen, die in manchen Aspekten "ein gewisses Naheverhältnis zum Christentum" hätten; bei anderen Punkten gebe es "eher kritische Distanz".
Politische Mitte in Österreich "massiv eingebrochen"
Konkreter wurden österreichische Theologen. So warnten etwa Paul Zulehner und Regina Polak jüngst vor einer europafeindlichen Abschottungspolitik und einem erstarkenden Rechtspopulismus. Ähnlich äußerte sich der Wiener Dogmatiker Jan Heiner Tück. Die politische Mitte in Österreich sei "massiv eingebrochen", kritisierte er auf der Feuilleton-Seite "feinschwarz.net". Die Wähler müssten sich "erstmals zwischen einem grünen und einem blauen, will sagen: rechtspopulistischen, Präsidentschaftskandidaten entscheiden".
Österreich stehe vor einem Scheideweg, bei dem es darum gehe, "ob Brücken der Verständigung gebaut (...) - oder an den Grenzen höhere Zäune errichtet und der Ausstieg aus dem gemeinsamen Projekt Europa betrieben wird". Entscheidungskriterien zur Wahl legte der Innsbrucker Theologe Willibald Sandler im Internetforum seiner Fakultät vor. Manche Christen meinten, vor einer "Wahl zwischen Pest und Cholera" zu stehen, denn nach christlichen Wertmaßstäben erscheine der FPÖ-Kandidat Hofer wegen der Flüchtlingsfrage, Nationalismus und Rechtspopulismus unwählbar, sein Widerpart Van der Bellen wegen Ehe, Familie und Lebensschutz. Seine beunruhigende Auflistung entschärft Sandler jedoch wenige Zeilen später: Es sei zu bedenken, so der Theologe, dass die politischen Handlungsmöglichkeiten für einen Bundespräsidenten verfassungsmäßig ohnehin sehr begrenzt seien.