Campo-Santo-Chef wird Rota-Richter
Es sah schon mal besser aus um die Präsenz der Deutschen auf der vatikanischen Leitungsebene. Seit Papst Franziskus die Amtszeit von Kardinal Gerhard Ludwig Müller in der Glaubenskongregation nicht verlängert hat, ist sein Schweizer Amtsbruder Kurt Koch als Präsident der Einheitsrates der einzige deutschsprachige Chef einer Kurienbehörde. Neben ihm hat weiterhin Erzbischof Georg Gänswein als Präfekt der "Casa Pontificia" eine verantwortliche Stellung. Aber bereits zu Jahresbeginn hatte Bischof Josef Clemens mit Auflösung des Laienrates sein Amt als Sekretär verloren – bis auf weiteres. Mit der Ernennung des Freiburger Kirchenrechtlers Hans-Peter Fischer (56) zum Richter an der Rota gelangt nun wieder ein Deutscher in eine verantwortliche Position am Heiligen Stuhl.
Mit Fischer, seit 2010 Rektor des Campo Santo Teutonico in Rom, tritt nach drei Jahren erneut ein Deutscher in das internationale Gremium von rund 20 Rota-Richtern. Alle sind Geistliche, ihr Gericht befasst sich in erster Linie mit Eheprozessen. Zuletzt gehörte der Limburger Geistliche Markus Graulich diesem erlesenen Kreis an, bevor er im Mai 2014 als Untersekretär in den Rat für Gesetzestexte wechselte.
Gute Voraussetzungen
Fischer bringt gute Voraussetzungen für sein neues Amt mit. 1961 in Freiburg geboren und 1989 zum Priester geweiht, hatte er im Fach Kirchengeschichte promoviert und nach einem kanonistischen Studium an der Universität München das Lizenziat im Kirchenrecht erworben. Zwischen 2001 und 2010 war er in München wie in Freiburg Diözesanrichter im Nebenamt.
Fischer gehört nun zu den rund 30 deutschsprachigen Mitarbeitern am Vatikan. In den meisten Kongregationen und Räten ist mindestens ein deutscher Muttersprachler tätig, die meisten als Experten auf Referentenebene. Die deutschsprachige Abteilung im Staatssekretariat zählt vier Mitarbeiter. In der Glaubenskongregation ist ein Österreicher Capo ufficio – Abteilungsleiter. In der Bischofskongregation gehört der Trierer Monsignore Udo Breitbach als Untersekretär zur Führungsebene, ebenso wie sein Kollege in der Bildungskongregation: der Österreicher Friedrich Bechina. Dort hat auch eine Frau aus Deutschland den Rang einer Abteilungsleiterin inne. Sekretär in der Kommission für die Beziehungen zum Judentum ist ein Salesianerpater aus Franken.
Aber auch in anderen zentralen Kirchenstellen, die nicht zur Kurie gehören, finden sich deutschsprachige Mitarbeiter: Etwa eine Österreicherin im Archiv oder – mit dem Kunsthistoriker Arnold Nesselrath – ein Direktor in den Vatikanischen Museen. Hinzu kommen Mitarbeiter beim Osservatore Romano und beim Vatikanradio.
Im Prinzip würde der Vatikan gerne mehr Geistliche aus dem deutschsprachigen Raum einstellen. Aber die Bischöfe tun sich gerade in Zeiten des Priestermangels schwer, gute und geeignete Leute für einen Dienst an der Kurie freizustellen. Dort werden neben gutem theologischem Fachwissen auch Fremdsprachenkenntnisse erwartet: mindestens Italienisch und Englisch, möglichst auch Französisch und Spanisch.
Frage nach Nachfolge offen
Wer dann in vatikanische Dienste einsteigt, den erwartet eine offizielle Probezeit und eine persönliche Einarbeitungsphase, die je nach Behörde unterschiedlich lang sein kann. Und diese Einarbeitung bedeutet, sich in ein auf der mittleren Arbeitsebene überwiegend von Italienern besetztes und von italienischem Arbeitsstil dominiertes Umfeld einzufinden. Erschwerend kommt hinzu, dass Papst Franziskus diese Stellen offenbar verstärkt nur für fünf Jahre besetzen möchte. Seine Entscheidung bei Kardinal Müller zeigt, dass ihm das ernst ist. Ob es der Effizienz des Dienstes und der Kontinuität gut tut, ist eine andere Frage.
Offen ist unterdessen die Frage nach einer Nachfolge Fischers im Campo Santo. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, heißt es in den zuständigen Kreisen.