Dankbar für das Überleben
Der Vatikan stellte ihn von 2010 bis 2014 unter kommissarische Verwaltung und ordnete eine grundlegende Erneuerung an. Die Legionäre Christi distanzierten sich daraufhin in einem beispiellosen Vorgang von ihrem Gründer.
Die Legionäre würden den Jahrestag angesichts ihrer jüngsten Geschichte nicht mit "Raketen" und "Böllern" feiern, sagt Karl-Olaf Bergmann, der Sprecher der Ordensprovinz West- und Mitteleuropa. Einen zentralen Gottesdienst am römischen Hauptsitz des Ordens werde es nicht geben. Das Jubiläum werde stattdessen individuell in den einzelnen Ländern begangen. In Deutschland und Österreich seien Gottesdienste vorgesehen. Darin solle vor allem die Dankbarkeit darüber zum Ausdruck gebracht werden, dass die Ordensgemeinschaft die vergangenen Jahre mit Hilfe der beiden Päpste überstanden habe, erklärt Bergmann. Und Maciel? Der sei mittlerweile nur noch eine "historische Figur", so der Sprecher. Da habe es einen "Paradigmenwechsel" gegeben.
Das dürfte nicht in allen Ländern gleichermaßen selbstverständlich sein. Denn Maciel war in seinem Orden ein allgegenwärtiger Übervater. Seine Verehrung trug starke Züge des Personenkults, vor allem in seinem Heimatland Mexiko, aus dem mehr als die Hälfte aller Legionäre stammt. Das zeigte etwa die Anordnung des Ordens aus dem Jahr 2010, Geburtstag, Namenstag und Priesterweihe des Gründers künftig nicht mehr als Festtage zu begehen und von Wallfahrten zu dessen Grab abzusehen. Auch die alten Statuten des Ordens waren auf die Person des Gründers ausgerichtet und stark autoritär und streng hierarchisch.
Der Generaldirektor der Legionäre, der Mexikaner Eduardo Robles Gil, machte in einem Brief an alle Mitglieder bereits im März Vorgaben, wie das Jubiläum zu begehen sei. Darin taucht der Name des Gründers kein einziges Mal auf, überhaupt wird jeder direkte Bezug auf den Gründungsakt vermieden.
Vorwürfe wegen Missbrauchs gab es schon länger
Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen Maciel gab es schon seit längerem. Doch gegen den Freund von Johannes Paul II., der über einen guten Draht zum damaligen Kardinalstaatsekretär Angelo Sodano verfügte, vermochte der damalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, offenbar nicht viel zu unternehmen.
Die Enthüllungen über den Ordensgründer führten in den vergangenen Jahren zu einem Rückgang der Neueintritte, vor allem in den USA. Die Legionäre betonten jedoch, dass der "erwartete Abriss an Berufungen" nicht eingetreten sei. Das wertet Sprecher Bergmann angesichts der allgemein rückläufigen Zahlen der Ordenseintritte als "sehr beachtlich". Nach aktuellen eigenen Angaben (März 2015) zählen die Legionäre Christi 944 Priester in 22 Ländern; hinzu kommen 781 Novizen und 734 Aspiranten.
Der Vatikan und die beiden Päpste Benedikt XVI. und Franziskus haben stets deutlich gemacht, dass sie den Orden ungeachtet des unmoralischen Lebenswandels seines Gründers, schätzen. Am anschaulichsten formulierte dies wohl Benedikt XVI. in einem 2010 veröffentlichten Interview-Buch mit dem Journalisten Peter Seewald. Viele seien "von einer falschen Gewalt letztlich doch zum Richtigen geführt worden". Das sei "das Merkwürdige, der Widerspruch, dass sozusagen ein falscher Prophet doch eine positive Wirkung haben kann".
Papst Franziskus gewährte den Legionären zum 75-jährigen Bestehen einen Ablass. So ganz sich selbst überlassen mochte er die Ordensgemeinschaft nach Abschluss ihres Reformprozesses jedoch noch nicht. Im Juli 2014 ernannte im einen päpstlichen Berater für die Legionäre.