Darum war die Kirche gegen den "Echo" für Kollegah
In der nicht abreißenden Debatte über die Verleihung des "Echo" an die umstrittenen Rapper Kollegah und Farid Bang hat jetzt die Vertreterin der katholischen Kirche erläutert, warum sie als einzige im Beirat des Musikpreises gegen die Auszeichnung gestimmt hatte. Die katholische Kirche habe die Preisverleihung als unmöglich erachtet, sagte Uta Losem der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ, Mittwoch).
Denn auf dem Album verhöhnten die Rapper nicht nur durch Liedzeilen wie "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" die Opfer des Holocaust, so Losem. Auch die Attentate auf den Pariser Nachtclub Bataclan und den Berliner Weihnachtsmarkt sowie der Fall des "Treppenschubsers" in Berlin würden verharmlost: "Insgesamt scheint das Gespür dafür verloren gegangen zu sein, was geht und was nicht geht. Das Bewusstsein dafür wieder zu schärfen, ist unser aller Aufgabe."
Losem ist als Juristin im Katholischen Büro in Berlin
In den letzten Tagen war der "Echo"-Beirat massiv kritisiert worden, der mit sechs zu eins Stimmen entschieden hatte, trotz aller Bedenken die Nominierung der Rapper nicht zurückzuziehen. Die Zeitung zitiert aus einer Fußnote des internen Beschlusses zur Position der einzigen Frau im Gremium: "Die katholische Kirche sieht die Grenze der Kunstfreiheit als überschritten an." Bereits am Wochenende hatte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, betont, dass die Vertreterin der katholischen Kirche sich gegen die Nominierung der Rapper entschieden hatte.
Losem ist als Juristin im Katholischen Büro in Berlin - der Kontaktstelle der Bischöfe zu Politik und Gesellschaft - für Themen wie Sozialpolitik und Medien zuständig. Zur Frage, wie die Meinungsbildung im Beirat genau ablief und warum sie sich mit ihrer Position nicht durchsetzen konnte, wollte sie sich laut FAZ nicht äußern.
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In seiner Stellungnahme hatte der Beirat geurteilt, die Texte der Rapper hätten die künstlerische Freiheit "nicht so wesentlich übertreten", dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre. Das sehen inzwischen einige anders, etwa der Präsident des Deutschen Kulturrates, Christian Höppner, der seinen Rückzug aus dem Beirat ankündigte. Der Sprecher des Gremiums verteidigte dessen Entscheidung. "Grenzüberschreitungen sind nicht akzeptabel, aber sie sind ein Teil der Musikkultur", sagte CDU-Politiker Wolfgang Börnsen der FAZ.
Schuster: Entscheidung ist eine "Schande"
Der Limburger Bischof Georg Bätzing und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hatten die Verleihung ebenfalls scharf kritisiert. Es sei unerträglich, wenn Musik "aggressiv zu Antisemitismus und Hass auf Religionen und Kulturen" aufrufe, sagte Bätzing. "Antisemitismus darf auf keinen Fall und in keinem Bereich wieder hoffähig gemacht werden", ergänzte Schick.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, bezeichnete die Entscheidung für den Preis als "Schande". Der neue Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, nannte die Song-Zeilen "inakzeptabel" und "einer renommierten Veranstaltung wie der Echo-Verleihung nicht würdig". (bod/KNA)