"Das Geschenk nicht für sich behalten"
Frage: Monsignore Huber, "Mission" und "missionieren" haben für viele einen negativen Beigeschmack und klingen ziemlich verstaubt. Ist Mission heute überhaupt noch zeitgemäß?
Huber: Diese Begriffe sind vor allem im säkularen, ökonomischen und politischen Bereich gar nicht so verstaubt! Es wird immer angemahnt, dass eine Firma eine "Mission" hat, dass politische Mandatsträger in "Mission" unterwegs sein müssen. Im innerkirchlichen Kontext und auf Kirche bezogen, haben die Begriffe für Menschen, die mit Kirche nicht viel am Hut haben, in der Tat - wohl auch durch Fehler in früheren Jahrhunderten oder auch durch radikale Missionsversuche religiöser Extremisten - einen negativen Beigeschmack.
Frage: Welches Missionsverständnis liegt dem Missionsbegriff heute zugrunde?
Huber: Vom Evangelium her ist es uns aufgegeben, anderen Menschen das Evangelium und die Lebensqualität, die darin steckt, näherzubringen. Wenn man Mission unter diesen Vorzeichen versteht, dann bedeutet der missionarische Auftrag, das Geschenk des Glaubens nicht für sich allein zu halten, sondern anderen Menschen seine lebensspendende Kraft zu vermitteln.
Frage: Was bedeutet das konkret für das Päpstliche Missionswerk missio?
Huber: Wir versuchen im Verbund mit unseren Partnern in Afrika, Asien und Ozeanien, aus diesem Geist des Evangeliums die Lebensqualität der Menschen durch ganz konkrete Hilfe zu verbessern. Das geschieht in unserer Projektarbeit an vielen Orten weltweit und in enger Abstimmung mit unseren Partnern vor Ort. Wir teilen so unseren Glauben miteinander und stehen auch im spirituellen Austausch.
Frage: Die Religionsfreiheit ist derzeit in vielen Teilen der Welt akut bedroht. Unter welchen Umständen kann es dort überhaupt Mission geben?
Huber: In Ländern wie Pakistan, wo die Religionsfreiheit derzeit bedroht ist, kommt es besonders auf ein überzeugendes, auf christlichen Werten fußendes Lebenszeugnis der Menschen in unseren Projekten vor Ort an. Konkret geschieht dies etwa im erzieherischen oder Bildungsbereich oder in Hilfsprojekten für Menschen, wo durch die Einschränkung der Religionsfreiheit auch Menschenwürde bedroht ist. Das erfordert einen sehr starken und großen persönlichen Einsatz der Mitarbeiter in unseren Projekten. Unsere Partner vor Ort betonen auch immer wieder, wie wichtig für sie das dialogische Element ist. Denn die Religionsgemeinschaften versuchen oft gemeinsam, das Zusammenleben zu gestalten.
Frage: Wird das Engagement von missio nicht dennoch unterschwellig als Missionsversuch verstanden?
Huber: Wichtig ist, dass wir nicht nur als eine Institution wahrgenommen werden, die von außen etwas steuern möchte. Vielmehr unterstützen wir die Kirche, wie sie in den einzelnen Ländern unter den gegebenen Bedingungen lebt. Bischöfe, Priester und Ordensleute nehmen ihren Auftrag vor Ort wahr - und wir helfen ihnen dabei und entscheiden gemeinsam, welche Projekte gerade sinnvoll sind. Gerade in Ländern, wo Christen die Minderheit bilden, spüre ich wenig Misstrauen. Schulen, die von Ordensschwestern geleitet werden, werden von muslimischen Kindern und Eltern durchaus angenommen. Die Einheimischen spüren, dass unsere Arbeit in Respekt voreinander geschieht, im Geist der Menschenwürde und Religionsfreiheit.
Frage: Zurück zur Enzyklika "Redemptoris missio" - hat sie der Mission und damit auch der Arbeit von missio eine neue Richtung gegeben?
Huber: Die Enzyklika bewegt sich in der Reihe anderer päpstlicher Verlautbarungen, die sich zum Thema Mission geäußert haben wie "Ad gentes", "Lumen gentium" und "Evangelii nuntiandi". "Redemtoris missio" hat noch einmal betont, dass die missionarische Dimension nicht irgend etwas ist, das Kirche oder die Gläubigen zusätzlich zu leisten hätten, sondern zutiefst zur christlichen Existenz dazugehört. Mission ist demnach nicht nur etwas für Hauptamtliche und Missionare.
Jeder Mensch, der das Geschenk des Glaubens erfahren hat, ist dazu aufgerufen, es mit anderen zu teilen. Dabei sind besonders die Päpstlichen Missionswerke beauftragt worden, den Geist der Weltmission im Volk Gottes zu fördern. Das war auch ein Ruf in eine Zeit hinein, in der es einige Zurückhaltung beim Thema Mission gegeben hat.
Frage: Statistiken belegen, dass die Zahl der Katholiken weltweit steigt, auch in Europa. Dennoch wirkt es, als sei auch Deutschland ein Missionsland. Sehen Sie das auch so?
Huber: Es kommt immer darauf, an was man konkret unter "Missionsland" versteht. In Deutschland leben wir heute in einer säkularisierten Welt. Der Glaube ist keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern muss teilweise wieder neu vermittelt und erlernt werden. Wir benötigen eine begeisternde, neue Schubkraft - und Menschen, die freudig von ihrem Glaubensleben und der trostspendenden Kraft des Evangeliums erzählen können. Wie in unseren Partnerländern gilt auch hierzulande: Vor allem das persönliche Glaubenszeugnis und die Ausstrahlung, von Gott getragen zu sein, machen Menschen auf Gott und seine grenzenlose Liebe neugierig.