Der Bundestag verliert seine Christen
Der Bundestag wird in der neuen Legislaturperiode voraussichtlich deutlich weniger christlich geprägt sein als in früheren Jahren. Wie eine katholisch.de-Analyse der Abgeordneten-Profile auf der Internetseite des Parlaments ergab, ist der Anteil der bekennenden Christen unter den Parlamentariern durch die Bundestagswahl deutlich unter 50 Prozent gesunken. Dies ist der niedrigste Wert seit der Wiedervereinigung. Im Jahr 1990 hatten sich mehr als 70 Prozent aller Abgeordneten zum Christentum bekannt, in der vergangenen Legislaturperiode waren es noch über 60 Prozent gewesen.
Grundlage der Analyse waren die freiwilligen Angaben der Abgeordneten über ihre Religions- und Konfessionszugehörigkeit. 324 Abgeordnete (45,7 Prozent) – darunter viele, die durch die Wahl am Sonntag erstmals in den Bundestag eingezogen sind – haben bislang keine Angaben zu ihrer Religion gemacht; ob sie einer Glaubensgemeinschaft angehören, konfessionslos oder atheistisch sind, ist damit unklar.
Katholiken bilden die größte Gruppe
Unter den Abgeordneten, die ihre Religionszugehörigkeit öffentlich gemacht haben, stellen die Katholiken in den kommenden vier Jahren erneut die größte Gruppe. Gemäß den Angaben auf der Internetseite werden dem neuen Bundestag mindestens 168 Katholiken (23,7 Prozent) angehören. Evangelische Christen stellen mit 162 Abgeordneten (22,8 Prozent) die zweitgrößte Gruppe, auf Platz drei folgen 47 Parlamentarier (6,6 Prozent), die sich als konfessionslos bezeichnen. Weiter werden im neuen Bundestag drei Muslime, zwei Alt-Katholiken, zwei orthodoxe Christen und ein Atheist sitzen.
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555 Gesetze hat der Bundestag in der zu Ende gehenden Legislaturperiode beschlossen - darunter viele, zu denen sich auch die Kirche positioniert hat. Vor der Bundestagswahl blickt katholisch.de zurück. (Artikel von August 2017)Die meisten Katholiken unter den Abgeordneten sind Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion. 113 Abgeordnete der größten Fraktion im neu gewählten Bundestag bekennen sich zum Katholizismus. Weiter sitzen in der Unions-Fraktion 82 Protestanten und – bemerkenswert für eine christliche Partei – zwei Konfessionslose. 49 Parlamentarier der Union haben ihre Religions- und Konfessionszugehörigkeit bislang nicht bekannt gemacht.
Die SPD-Fraktion, die in der neuen Legislaturperiode voraussichtlich von der Katholikin Andrea Nahles angeführt werden wird, setzt sich aus 36 Protestanten, 23 Katholiken, einer Muslimin – der bisherigen Integrationsbeauftragten Aydan Özuguz –, einem Alt-Katholiken und sechs Konfessionslosen zusammen. Die größte Gruppe bilden aber auch bei der SPD die Abgeordneten, die ihren Glauben bislang nicht öffentlich gemacht haben (86).
Von den 94 neu ins Parlament gewählten AfD-Abgeordneten haben 70 bislang nicht angegeben, ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören. Ob diese geringe Bekenntnis-Quote mit der kritischen Haltung insbesondere der beiden großen christlichen Kirchen gegenüber der rechtspopulistischen Partei zusammenhängt, ist unklar. Die Parlamentarier der AfD, die ihre Religion in ihren Profilen auf der Internetseite des Bundestags angegeben haben, verteilen sich wie folgt: sieben Katholiken, sechs Protestanten, ein orthodoxer Christ und zehn Konfessionslose.
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Für die FDP, die nach vier Jahren Abwesenheit mit 80 Abgeordneten die Rückkehr in das Parlament geschafft hat, sitzen künftig 22 evangelische Christen, 17 Katholiken, ein Alt-Katholik, ein griechisch-orthodoxer Christ und sechs Konfessionslose im Reichstag.
Viele kirchlich engagierte Abgeordnete
Noch einmal geringer sind die Bekenntnis-Quoten bei Linken und Grünen, den beiden kleinsten Fraktionen im Bundestag. Bei den Linken gibt es 13 Konfessionslose, fünf Protestanten, zwei Katholiken und mit dem Brandenburger Thomas Hans Nord den einzigen bekennenden Atheisten unter den 709 Abgeordneten. Die Grünen-Fraktion setzt sich aus elf Protestanten, zehn Konfessionslosen, sechs Katholiken und zwei Muslimen zusammen.
Im neuen Bundestag sitzen zudem mehrere Abgeordnete, die in kirchlichen Ämtern aktiv waren oder sind. Dazu gehören der evangelische Pfarrer Michael Stübgen, die beiden Theologen Frank Heinrich (beide CDU) und Christoph Matschie sowie die Diakonin Heike Baehrens (beide SPD). Bekannt für ihr kirchliches Engagement sind außerdem Katrin Göring-Eckhardt (Grüne), die von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war, Mechthild Heil (CDU), die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und Maria Flachsbarth (CDU), die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB). Die beiden Vorsitzenden der Frauenverbände sind auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Weitere ZdK-Mitglieder im Bundestag sind Monika Grütters und Peter Weiß (beide CDU) sowie die bisherige Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).